Im Dezember 2008 schrieb ich erstmals von meiner Suche nach der perfekten Weihnachtsgans, bis heute einer der meistgelesenen Artikel auf NutriCulinary. Weil aber ja Kochen nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen des Feuers bedeutet, gibt es dieses Jahr ein Udate – es geht vor allem um die Methode des frühen und kräftigen Einsalzens, ein echter Gamechanger! Es geht zudem um Ruhezeiten vor und nach dem Braten und es geht um: Einfachheit! Diese Gans gelingt mühelos.
Nach wie vor gare ich die Gans ohne jede Flüssigkeit (ausser dem austretenden Fett) im Ofen, das hat sich bewährt, das schafft die knusprigste Haut.
Die Sauce entsteht auf dem Herd, eine sorgfältig komponierte, komplexe Sauce aus Gänseklein und Gemüsen, Wein … und auch da gibt es eine neue Feinheit.
Beginnen will ich aber diesmal auch früher: mit der Beschaffung einer guten Gans! Los gehts!
Eine gute Gans kaufen
Einkaufsquellen für gute, frische Gänse:
basieren auf Erfahrung und Mund zu Mund-Propaganda. Ein Segen, wenn Ihr den Gänsebauern Eures Vertrauens gefunden habt! Ihr könnt auch einfach beim Metzger, dem Geflügelhändler oder auch online (frühzeitig!) eine Gans bestellen.
In den letzten Jahren habe ich persönlich gute Gänse hier bezogen: Geflügelhof Schönecke, Dithmarscher Geflügel, Markthalle der Hobenköök.
Aber egal wo ihr bestellt und kauft: interessiert Euch bitte in jedem Fall für die Geschichte der Gans:
- Wo und wie ist die Gans aufgewachsen, was hat sie gegessen. Optimal sind die gesetzlich geschützten Haltungsformen „Bäuerlicher Freilandhaltung“ oder “ökologische Tierhaltung” und eine Fütterung der Weidegänse über natürliches Grünfutter – eine Zugabe von Futter sollte artgerecht mit mindestens 70% Getreide erfolgen.
- Bio-Gänse leben mindestens 20 Wochen, ihr Futter ist aus ökologischem Anbau und sie haben stets Zugang zu einer Wasserfläche. Durch die längere Mastzeit ist das Fleisch aromatischer und mit Fett durchwachsen – Schnellmastgänse leben nur etwa 16 Wochen und haben vor allem eine dicke äußerliche Fettschicht vorzuweisen.
- Wir die Gans trocken gerupft? Ein entscheidendes Merkmal, nass gerupfte Gänse, die kurz in Wasser gebrüht wurden, verlieren schon hier Aroma, sind während der Reife anfälliger für Keime.
- Reifezeit: wieviel Zeit liegt zwischen Schlachtung und Auslieferung (und Euerm Festessen). Idealer weise reift die Gans nach Schlachtung mindesten 1 Woche, 2 Wochen sind klasse, es gibt Köch*innen die ihre Gänse kontrolliert auch drei Wochen und länger reifen lassen.
Wenn Ihr Eure Gans dann kurz vor Weihnachten abholt, lagert Sie bis zum Fest kühl bei 0-8 Grad (oft geht das auf dem Balkon im Bräter, sonst im Kühlschrank platz schaffen – und lest weiter über die Salz und Ruhezeiten!
Gefrorene Gänse - kein faux pas!
Gefrorene Gänse sind kein No Go und einer frischen Gans durchaus ebenbürtig – wenn Ihr ein paar wichtige Punkte beachtet:
- auch hier ist die Haltungsform wesentlich: optimal sind die gesetzlich geschützten Haltungsformen „Bäuerlicher Freilandhaltung“ oder “ökologische Tierhaltung”. Begriffe wie “Bauerngans” sind Werbe-Romantik, der Hof sollte mit Adresse genannt sein.
- achtet auf die drei Ds: D/D/D steht für Schlupf, Aufzucht und Verarbeitung in Deutschland.
- gefrorene Ware sollte laut Etikett noch mindestens ein Jahr lang haltbar ein, sonst kann sie bereits zwei Jahre alt sein.
- die Verpackung der gefrorene Ware sollte unbeschädigt sein und nicht über die Stapelgrenze in der Gefriertruhe hinausragen. Die Stapelgrenze ist an der Seite der Truhe mit einem Strich markiert. Nur Ware, die darunter liegt, hatte eine optimale Lagertemperatur.
- wichtig: das Auftauen einer Gans dauert, je nach Kühlschrank, mindestens 24 Stunden, eher länger. Die Gans dazu aus der Packung nehmen und auf ein Gitter in eine Schale setzen, nur locker mit Tuch abgedecken – und dann schon mal weiterlesen: über das Salzen und die Ruhezeiten.
Über das Salzen und die Ruhezeite
Eine der wichtigsten neuen Erkentnisse betrifft das Salzen.
Wir salzen oft zu spät und zu wenig, dann aber nur oberflächlich und zuviel.
In meinen Buch kochen. erkläre ich es genau: frühes und kräftiges salzen von Fleisch verbessert und optimiert den Geschmack und die Struktur von Fleisch. Es findet dabei eine Art Pökel-Effekt statt, das Salz hat Zeit wirklich ins Fleisch einzudringen, das Fleisch gelingt würziger und zarter. Eien Gans lässt sich aufgrund ihrer dicken Fettschicht bereits 24 Stunden vor dem Braten kräftig mit Salz einreiben (auch innen!) und dann wieder kalt stellen. (Bitte zuvor das Gänseklein und das Fett aus der Bauchhöhle der Gans entfernen und wieder kalt stellen.
Das Ergebniss ist verblüffend! Das Salz schlüsselt auch die Fettstruktur auf – Eure Gans “verliert” Fett besser und wird richtig knusprig!
Eure Gans braucht nun eigentlich nur noch Ruhe und zwar vor und nach dem Braten. Vor dem Braten muss die Gans auf Zimmertemperatur kommen! Bei einem eiskalten Riesenvogel aus Kühlschrank oder Balkon dauert das locker 3-4 Stunden, Zeit die eingeplant werden will, für das allerbeste Ergebnis. Die zweite wichtige Ruhezeit ist nach dem Braten: Ofen ausschalten, Klappe kurz aufmachen und die allergrößte Hitze hinauslassen – dann die Gans hinter geschlossener Tür im ausgeschalteten Ofen mindestens 15 und bis zu 30 Minute ruhen lassen – der Unterschied ist gewaltig, beim Tranchieren klappt Euch das zarte und geruhte Fleisch beinahe entgegen! Gleichzeitig gibt Euch diese Nachruhe die Möglichkeit, ganz ohne Streß die Beilagen servierfertig zu machen. Im Ofen könnt ihr bitte nebenbei auch die Teller vorwärmen!
Eine Gans braten
Die eingesalzene und temperierte Gans (ca. 4,5 kg) kann jetzt einfach gebraten werden:
Die Flügel am zweiten Gelenk und den Hals abschneiden und beiseite legen. Aus Gänseklein, Hals und den abgetrennten Flügeln der Gans lässt sich nebenbei eine Sauce kochen (siehe nächster Absatz)
Den Ofen auf 180 Grad vorheizen. Die Gans auf ein Gitter über der Saftpfanne oder in einen Bräter setzen und im 180 Grad heißen Ofen (Ober- und Unterhitze) 2 Stunden garen, dabei immer wieder mit dem austretenden Fett beschöpfen. Temperatur auf 150 Grad reduzieren und weitere 2 ½ Stunden garen. Die Gans im ausgeschalteten Ofen, wie oben beschrieben ruhen lassen. Vor dem Servieren die Keulen abtrennen, die Brustfilets am Brustbein entlang aufschneiden und vom Knochen lösen.
Die Sauce, die nebenbei im Topf gelingt
Weil die Gans im Rohr ohne Feuchtigkeit besonders knusprig werden soll, entsteht meine aromatische Sauce aus Gänseklein, Gemüsen, Wein und Gewürzen – ganz nebenbei und auf dem Herd!
Zubereitungszeit: 45 Minuten
2 Zwiebeln, 3 Möhren, 300 g Sellerieknolle, 10 braune Champignons, 8 Pimentkörner, 3 Lorbeerblätter, Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle, 1 EL brauner Zucker, 300 ml trockener Rotwein, 200 ml nach Möglichkeit ungesüßter roter Holundersaft (ein Tipp von Chefkoch Matthias Gfrörer, Gutsküche Wulksfelde – danke!), 800 ml Gänse- oder Geflügelfond,
1 EL Speisestärke, Saft einer Orange, 1 TL Honig
Gänseklein und das Fett aus der Bauchhöhle der Gans entfernen, beiseitelegen. Die Flügel am zweiten Gelenk und den Hals abschneiden und beiseitelegen. Die Gans wie oben beschrieben garen. Derweil die Sauce bereiten: Gänseklein waschen und (bis auf die Leber) grob stückeln, Hals und Flügel grob hacken.
Das entnommene Fett aus der Bauchhöhle in eine kalte Pfanne geben, langsam erhitzen und auslassen, bis der Pfannenboden dünn mit flüssigem Gänsefett bedeckt ist. Übriges Fett entfernen. Restliche Zwiebeln, Möhren und Sellerie waschen, grob stückeln und mit dem Gänseklein, den Flügeln, dem Hals und den Pilzen im Gänsefett sehr dunkel anrösten.
Piment und Lorbeer zugeben, mit Salz, Pfeffer und Zucker würzen, mit Rotwein ablöschen. Offen 8 Minuten einkochen. Holundersaft und Gänsefond zugeben und offen 30 Minuten einkochen. Die Sauce durch ein Sieb passieren und beiseite stellen. Die Sauce aufkochen. Speisestärke mit Orangensaft und Honig glatt rühren und die Sauce damit binden. Zügig einrühren, einmal aufkochen, eventuell mit Salz und Pfeffer nachwürzen.
Gutes Gelingen und frohes Fest mit Lieblingsgästen!
Weiterlesen in meinen Tipps und Beiträgen für eine gelungene Feierei:
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