Hinter den Kulissen von „Höhle der Löwen“ – Interview mit Kulinarik-Entrepreneur Jörn Gutowski, der die VOX Gründer-Show gleich zweimal besuchte…

Entrepreneur Jörn Gutowski erzählt von seinen Besuchen in der VOX Sendung "Höhle der Löwen", von Erfolgen, Rückschlägen und echtem Unternehmertum

  1. Vergangene Woche warst Du bereits zum zweiten Mal mit einer kulinarischen Start Up-Idee in der Investor-Show Höhle der Löwen zu sehen. Beim ersten Mal (2016), ging es um Deine Firmen-Gründung mit TRY FOODS und gleich drei Löwen interessierten sich damals dafür. Den Zuschlag gab es für Frank Thelen, der später dann doch nicht bei TRY FOODS eingestiegen ist – warum seid ihr damals auseinander?

Frank und ich haben uns nach der Show mehrfach getroffen und über die mögliche Zusammenarbeit gesprochen. Dabei wurde recht schnell klar, dass Frank sich ein schneller skalierbares Produkt vorstellte. TRY FOODS ist sehr konzeptbasiert. Meine große Vision ist es eine Plattform (virtuell und real) zu entwickeln, auf der Menschen mehr über ihren eigenen Geschmack und über gute Lebensmittel erfahren.

  1. TRY FOODS gibt es immer noch, wie geht es TRY FOODS und vor allem: wie hast Du es ohne die Löwen-Power geschafft?

Nach der Ausstrahlung war es verrückt. Wir haben innerhalb einiger Stunden mehr verkauft als vorher in einem ganzen Jahr! Auch die Monate danach waren sehr intensiv und verkaufsstark, weshalb ich für meine Verhältnisse viel Geld in Mitarbeiter*innen, Marketing und Lagerbestand investiert habe. Im Nachhinein war es zu viel zu schnell. Der Verkaufsboom nahm leider wieder ab und das Geld wurde knapp. Ich musste mich also wieder gesund schrumpfen. Seit 2018 sind die Verkaufszahlen der Sets wieder stabil aber auf recht niedrigem Niveau. An Weihnachten ist immer viel los, aber gerade unterjährig könnte es mehr sein.

Neben den Sets fokussiere ich mich deshalb seit einiger Zeit auch mehr auf den Bereich der Dienstleistungen. Dies beinhaltet sowohl Events (Tastings aber auch Teambuilding rund um Geschmack) als auch Beratung für Handel und Produzenten. Hier geht es primär um das Thema Geschmacksvermittlung, also wie man die komplexe Welt der Sensorik dem normalen Endkonsument*innen (dem Nichtexpert*innen) lustvoll zugänglich machen kann. Ich schreibe zudem auch recht viel auf dem TRY FOODS Blog, podcaste und mache kleine Videos. Das Thema Geschmack lässt mich auf jeden Fall nicht mehr los, egal ob es wirtschaftlich erfolgreich ist oder nicht.

In der Höhle der Löwen: Zeevi Chaimovitch und Jörn Gutowski, Foto: TVNOW / Bernd-Michael Maurer

  1. Vergangene Woche hast Du gemeinsam mit Zeevi Chaimovitch dessen Idee eines Kichererbsen-Tofus vorgestellt – diesmal waren direkt alle Löwen interessiert! Was macht Kichererbsen-Tofu so spannend und einzigartig, und was sind die Unterschiede zu klassischem Sojabohnen-Tofu?

Soja ist in letzter Zeit viel in die Kritik geraten, auch wenn es meiner Meinung nach oft zu unrecht ist. Davon profitieren wir aber natürlich mit dem Kofu. Viel wichtiger ist mir aber, dass unser Produkt eine sinnvolle, vegane Erweiterung darstellt. Es schmeckt anders als Tofu und auch die Konsistenz ist ganz anders. Beide Produkte haben ihre Berechtigung.

Als mir Zeevi vor einigen Jahren seinen homemade Kichererbsentofu vorstellte, war ich gleich begeistert. Ich bin großer Kichererbsenfan und mag seinen Eigengeschmack mehr als beispielsweise den von Soja. Der Kichererbsentofu ist zudem sehr vielfältig einsetzbar. Man kann den Kichererbsentofu kochen, braten, backen, grillen oder braten. Er spannt einen kulinarischen Bogen von Fernost über die Levante bis nach Italien. Ursprünglich stammt er nämlich aus Myanmar, wo ihn das Volk der Shan seit Jahrhunderten verzehrt, weshalb er auch oft als „Shan Tofu“ bezeichnet wird. Es gibt zudem auch in Sizilien mit „Panelle“ eine ähnliche Variante und die Kichererbse darf bei vielen klassischen Gerichte der Levante natürlich nicht fehlen. Das gibt dem Koch verdammt viele Rezeptmöglichkeiten, mit denen er/sie experimentieren kann!

Auch von den Zutaten, den Nährwerten und nachhaltigen Faktoren her macht der Kichererbsentofu viel Sinn. Er besteht nur aus Wasser, Kichererbsen, Salz und Gewürzen. Die Kichererbse ist eine wunderbare Quelle für Proteine, Vitamine, Ballaststoffe und viele andere wichtige Nährstoffe. Für alle Allergiker*innen ist er frei von Gluten, Soja oder anderen möglichen Allergenen. Die Kichererbse ist schlussendlich auch noch eine Pflanze, die mit wenig Wasser und Närstoffen auskommt und die gleichzeitig für einen guten Nitrathaushalt im Boden sorgt. (Wir sprechen übrigens gerade mit verschiedenen Bio-Landwirten in Deutschland, um Kichererbsen regional für uns anzupflanzen.)

Wenn man sich das alles anschaut, ist es eigentlich verrückt, dass vor uns noch niemand in Europa bzw. – soweit wie wissen – weltweit einen Kichererbsentofu als fertiges Produkt in den Handel gebracht hat!

Drei Herren vom Kofu Grill: Zeevi Chaimovitch, Jörn Gutowski und Markus Treiber

  1. Euer Kichererbsen Tofu KOFU war ja bereits ab Herbst 2018 am Markt, online bestellbar und vereinzelt auch schon im stationären Handel – wie lief es bisher und was waren Eure Beweg-Gründe, gerade jetzt damit in die Höhle der Löwen zu gehen?

Wenn man „jetzt“ sagt, muss man bedenken, dass bereits Anfang März 2019 gedreht wurde. Damals waren wir also gerade einige Monate am Markt. Wir hatten uns bewusst entschieden, mit einer Bio-Kette in Berlin zu starten, um dort das Produkt zu testen. Da der Test im Handel erfolgreich und auch das Produkt-Feedback in der Höhle der Löwen überragend war, haben wir den Vertrieb in 2019 sukzessive ausgebaut. Ende 2019 waren wir in knapp 500 Biomärkten und Reformhäusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz vertreten.

  1. Die Löwen waren begeistert. Bis sie von Markus Treiber hörten, einem Berliner Tofu-Hersteller der mit einer Beteiligung auch Partner bei Zeevi ist. Da kippte die Stimmung bei den Löwen gehörig: ein beteiligter Produzent erschwere u.a. notwendige Skalierungs-Verhandlungen, langfristig gäbe es da immer Ärger – da waren sich die Löwen erstaunlich einig. Ihr seht das sicher anders, warum glaubt Ihr weiterhin an Eure Dreierspitze mit Produzent Markus Treiber?

Ehrlich gesagt waren wir über diese Kritik recht überrascht. Wir haben uns vorab auch mit externer Hilfe so gut wie möglich auf den Pitch und die Fragen bzw. Einwände der Löw*innen vorbereitet, aber diese Thematik kam gar nicht auf.

Zeevi und ich haben lange nach einem Lohnproduzenten gesucht. Als wir dann mit Markus ins Gespräch kamen, fanden wir es gut, dass er so sehr an unsere Idee glaubte, dass er sich beteiligen wollte. Für uns war es ein Riesenvorteil, dass wir auf eine professionelle Produktionsstätte zurückgreifen und ohne Eigenkapitel recht schnell substantielle Mengen herstellen konnten.

Man darf nicht vergessen, der Vorteil im Marketing/Vertrieb ist, dass wir mit dem Kichererbsentofu die Ersten sind und der Nachteil in der Produktion ist, dass wir die Ersten sind. Es ist unheimlich viel Zeit und Energie in die Optimierung der Herstellung geflossen. Mit Markus Expertise und Hilfe konnten wir auf die Beine kommen und haben uns nun sogar eine speziell für unsere Anfordungen angefertigte Maschine bestellt. All das wäre anders schwer umsetzbar gewesen. Deshalb sind wir auch weiterhin mit dieser Dreierspitze sehr zufreiden.

  1. Wart ihr überrascht, dass dieser Punkt überhaupt aufkam – und dann sogar direkt zum no deal führte?

Ja, siehe oben. Im Nachhinein verstehen wir natürlich aber auch den Punkt aus Investorensicht.

  1. Mal unter uns: wie hilfreich ist eigentlich, der Auftritt in der Höhle der Löwen, unabhängig vom Ausgang – lohnt das eventuell einfach auch ohne Deal?

Also, ganz unter uns: Solange man ein Produkt hat, das für ein breites Fernsehpublikum relevant ist, das zumindest von den Löw*innen als gut befunden wird und das man im besten Fall gleich nach der Show kaufen kann, dann lohnt sich die Show auf jeden Fall auch ohne Deal.

  1. Und für alle, die sich jetzt auch mal in die Höhle der Löwen wagen wollen: wie bereitet man sich auf sowas vor?

Man muss sich für jede Phase der Show richtig vorbereiten. Der Schritt ist die Bewerbung. Hier muss man überlegen, warum eine Fernsehproduktionsfirma Interesse an der Idee haben könnte. Der zweite Schritt ist die Aufzeichnung. Hier muss man den Pitch einstudierne und sich auf die möglichen Fragen vorbereiten. Gerade wenn man keine Fernseh- bzw. Bühnenerfahrung hat, sollte man üben, üben. Üben. Ganz wichtig ist sich klar zu werden, dass man als Gründer*in zwei unterschiedliche Gruppen ansprechen muss: Zum Einen die Investor*innen, die vor einem sitzen und zum Anderen das Fernsehpublikum zu Hause. Wenn man es dann zur Aufzeichnung geschafft hat, muss man im dritten Schritt auch die Ausstrahlung vorbereiten, sprich die Webseite auf viel Traffic vorbreiten und genügend Produkte auf Lager haben, wenn möglich.

  1. Führ uns doch mal durch den Drehtag: wie läuft das ab, was passiert eigentlich vor Ort?

Meine Drehtage für TRY FOODS und für Kofu verliefen sehr unterschiedlich. Bei TRY FOODS musste ich fast 12 Stunden warten, bis ich ins Studio kam, da meine Aufzeichnung ganz nach hinten geschoben wurde. So lernte ich zwar die anderen fünf Startups kennen, die an dem Tag vor Ort waren, musste mich aber über Stunden in einem recht kleinen Aufenthaltsraum gedulden, was recht ermüdend war.

Bei Kofu ging alles ganz schnell. Wir kamen morgens im Studio in Köln an, luden aus, trafen das Produktionsteam, gingen mit denen nochmals den Pitch durch und den Ablauf der Aufzeichnung. Danach kamen gleich die Vorbereitungen für unsere Gerichte, die Zeevi in der Aufzeichnung kochte, ein kurzes Pre-Show-Interview und dann ging es schon vor die Kamera. Auch beim zweiten Mal ist es eine Ausnahmesituation, wenn man vor den Löw*innen steht und um einen herum zig Kameras sind. Deshalb weiß ich auch wieder nicht wie lange wir schlussendlich im Studio waren. Vielleicht 45 Minuten, vielleicht eine Stunde. Auf jeden Fall wird am Ende ordentlich geschnitten und gekürzt. Nach der Aufzeichnung gab es noch ein weiteres Interview und ein paar Außenaufnahmen, die man im Einspieler sieht. Und dann ging es schon wieder zurück nach Berlin.

Lieber Jörn, danke für Deine Zeit und viel Erfolg für Deine Unternehmungen!

Weiterlesen und informieren:

Website von Jörn Gutowski

Geschmacksseite: TRY FOODS

Kichererbsentofu Kofu von Zeevi

VOX Sendung: Die Höhle der Löwen