Aufbruchstimmung: wie sich der Bordeaux Wein neu erfindet

Generationswechsel, Markt und Klimawandel: frische Ideen und alte Werte - eine Weinreise durch das neue Bordeaux

Intro:

Zwei Tage vor meiner Abreise nach Frankreich, ist Bordeaux in den Schlagzeilen: ein Hagelsturm mit Windgeschwindigkeiten von bis 113 km vernichtet am 20. Juni. 2022 im Südwesten Frankreichs innerhalb von 15 Minuten die Arbeit und Hoffnung zahlreicher Winzer*innen.

Vom Juni-Hagel zerstört, Weinberg bei Barreau, Médoc

Hagelkörner mit einem Durchmesser von bis zu 7 cm (Quelle: Météo France) zerfetzen die jungen Reben. Die Ernte dieses Jahres ist für viel unwiederbringlich verloren.

Bordeaux im Wandel

Abendstimmung am Place de la Comédie, Bordeaux Stadt

Die Extremwetterereignisse in Folge des Klimawandels mehren sich auch im Bordeaux, dieses Jahr gab es beispielsweise noch im April Frost, insgesamt steigen die Temperaturen, die Reifezyklen werden kürzer. Die Châteaus und Weingüter beschäftigen sich längst intensiv mit dieser Problematik, die auch während unserer Reise immer wieder Thema ist.

Und obwohl der Schock über den frühsommerlichen Hagelschlag tief sitzt, erklären sich alle Winzer*innen bereit, unsere Reisegruppe zu empfangen. Was sie zu erzählen haben, ist nicht weniger als die Geschichte eines umfassenden Wandels: eine neue Generation von Weinmacher*innen stellt sich im Bordeaux mit frischen Ideen und andere Weinen neu auf.

Die Legende Bordeaux

Um das Neue würdigen zu können, hilft es etwas mehr über das traditionelle Bordeaux zu wissen.

Seit dem Römischen Reich gibt es Weinbau in der Region, die heute mit 108.000 ha Rebfläche die größte französische A.O.C. (Appelations d’Origine Contrôlé) Weinregion bildet, mit insgesamt 65 AOCs. Hier findest Du eine interaktive Karte zur Region Bordeaux.

Nahezu 5.300 Erzeuger*innen produzieren um die 645 Millionen Flaschen Wein pro Jahr. In jede Sekunde werden im Schnitt weltweit 20 Flaschen Bordeaux Wein verkauft.

Offen für Interssierte: die L’Ecole Du Vin de Bordeaux (Seite auf Deutsch)verfügt auch über eine gut sortierte Weinbar (l.) – viel Bordeaux für kleines Geld.

Den Schwerpunkt bilden mit 85 % die opulente Rotweine der Region, mit großem Reifungspotential, überwiegend Blends aus den klassischen Hauptrebsorten (Rebfläche in %):

  • Merlot (66%)
  • Cabernet Sauvignon (22%)
  • Cabernet Franc (9%)
  • hinzu kommen 3 % ergänzende Rebsorten wie Carménère, Malbec und Petit Verdot.

Bei den Weißweinen dominieren Sémillon und Sauvignon Blanc mit jeweils 46 % der gesamten Weißweinanbaufläche (u.a. Graves, Côtes de Bordeaux, Blaye, Bourg, Entre-deux-Mers), Bordeaux Rosé, perlender Crémant de Bordeaux und göttliche Süßweine (z.B. Sauternes, Cadillac).

Hier kannst Du mehr zu den Rebsorten lesen.

Die Spitze bilden aber große Rotweine, die links und rechts des Flusses Gironde gedeihen. (u.a. Pomerol, Fronsac, Medoc, Margaux, Pauillac, Pessac-Légonan, Bordeaux Supérieur und Saint-Émilion, Saint-Estèphe…).

Weine, aus teils weltberühmten Châteaus, wie Lafite, Latour, Margaux, Auson und Palmer. Die Weine dieser Châteaus erzielen international Höchstpreise. Viele Weine ereilt das Schicksal als Kapitalanlage und Spekulationsobjekt Jahrzehnte in den Kellern privilegierter Weinkenner*innen zu lagern. Nicht nur das, soll sich im neuen Bordeaux zumindest verschieben.

Ein neuer Weinstil: raus aus dem Holz, runter mit den Tanninen

Denn immer mehr Winzer*innen im Bordeaux wollen Weine produzieren die jetzt Freude machen. Diesen Wunsch teilen sie mit einer jungen und urbanen Wein-affinen Generation, die das Sammeln von Weinen als Kapitalanlage ungefähr so aufregend finden, wie ich als 13-Jähriger das elterlich verordnete Sammeln von Briefmarken. Lebenslust jetzt! Wer weiß in diesen unsteten Zeiten schon, was morgen ist.

Das bringt einen neuen Bordeaux-Weinstil hervor auf den die Winzer*innen die wir besuchten zu Recht stolz sind. Das sind fruchtbetone, frische und knackige Weine, gradlinig und auf den Punkt – davon bestellt man auch mal eine zweite Flasche!

Runter vom Tannin, dass auch stabilisierend zum Reifungspotential beiträgt, runter vom Holz, von der Gerbstofflichkeit – das ist die Devise und eine Lösung bieten Terracotta- und Steingut-Amphoren von 500-750 Litern Fassungsvermögen, wie sie längst auch im Keller von Elodie und Marc Milhade vom Château Boutisse eingezogen sind.

Die Milhades ist Winzer in 4. Generation, seine Saint Émilion Grand Crus werden von Hand gelesen und separat vergoren, Teile der späteren Assemblage (Blend, Cuvée) werden in Amphoren und Tanks gereift, dann mit den traditionell im 225-Liter-Eichenfass ausgebauten Weinen kombiniert. Neben den Amphoren kommen vermehrt auch größere Fässer und neutraler Beton zum Einsatz.

Dabei entstehen Weine, die mehr Traubenfrucht bringen und mehr Terroir ausdrücken. Ein 10% Amphorenwein-Anteil ist das Ziel des passionierten Ballonfahrers, der viele Ideen hat: er bringt die alte Weinrebe Carménère zurück ins Spiel, trägt bei zur Erhaltung dieser klimarobusten, würzigen Traube.

Marc Milhade organisiert Ballon-Fahrten für Gäste des Weingutes, biete Brunch-Tastings auf der selbstgebauten Fernsicht-Veranda an – very Instagramable – und die Weine machen Freude. Das Bordeaux ist streng reguliert: „Carménèr und Amphoren sind meine Werkzeuge für kleine Veränderungen im System.“

Château Boutisse Homepage

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Weniger Schwefel: Sulfit-frei und Sulfit-reduzierte Weine

Neben dem Holz ist es vor allem auch das antimikrobiell und antioxidativ wirkende Sulfit, dass Weine stabilisiert, vor Oxidation schützt und seine Lagerfähigkeit erhöht – der neue frische und unkomplizierte Weingenuss aus Bordeaux will aber jung getrunken werden. Weil Suflit aber einigen Menschen auch Kopfschmerzen bereiter – wie wäre es, wenn man den einfach weglässt?

Lydia Coudert (39) vom Château Castagnac, Vignobles Coudert in Fronsac hat als Ingenieurin im Energiebereich Karriere gemacht und die Welt gesehen, bevor sie vor 6 Jahren zurückkehrte, um gemeinsam mit ihrem Vater Bernard die Geschicke des Familienbetriebes in 5. Generation weiterzuentwickeln.

2016 begann das Team auf dem Weingut in Bourge mit naturnahem Weinbau und der Reduzierung von zugesetztem Sulfit zu experimentieren, seit 2019 produziert die Mutter zweier Kinder (Margot und Raphaël haben beide schon eigene Weine, s.u.!) neben klassischen Cuvées auch drei Sulfit-freie Weine: „so natürlich wie möglich.“

Die Kosten für Zusätze aus der Weinapotheke reduzierten sich dabei von 5.000 Euro vor zehn Jahren auf 300 Euro im Jahr heute. Schwefel entsteht allerdings auch auf natürliche Weise beim Fermentieren des Weines, Lydia Couderts Weine liegen bei unter 10 mg pro Liter. Der Grenzwert liegt bei 30 mg/l, dann muss der Nachweis: „Enthält Sulfite“ in Deutschland aufs Etikett.

Eine Besonderheit ist Lydia Couderts auf nur 1.500 Flaschen limitierte, fassgereifter Barrique Rebelle AOC Bordeaux 2019 (oben, mitte). Der Name ist Programm, den hier kommt zusammen, was eigentlich nur schwer zusammen geht: ein zwölf Monate in Barrique gereifter Rotwein ohne zugesetzte Sulfite, die die eine Oxidation während der Fassreife verhindern könnten. Und es geht doch. Mein persönlicher Favorit war aber der 2020 Chateâu Castanac Margot, ein Bordeaux Cabernet (60 % Cabernet Franc, 40% Cabernet Sauvignon), den ich leicht gekühlt in diesen Sommer öfter genießen möchte.

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Biodynamischer und naturnaher Weinbau

„Biodynamie ist prima. Aber Du brauchst was, um das Klavier zu spielen“

Thierry Valette, Clos Puy Arnaud

Seit zwanzig Jahren beschäftigt man sich auch angesichts der Klimakrise im Bordeaux mit

  • organischen Weinbau (organic agriculture)
  • Biodynamie
  • naturnahem und nachhaltigem Weinbau (raisonée/sustainable Viticulture)

Und das Tempo zieht an: Nach Angaben des CIVB, des Fachverbandes der Bordeaux-Weine, tragen seit 2020 mehr als 75 % der Weingüter mindestens ein Umweltsiegel – gegenüber 35 % im Jahr 2014.

Einer der immer schon an die Kraft naturnah gemachter Weine glaubt, ist Thierry Valette vom Château Clos Puy Arnaud, Castillon AOC, bescheiden winkt er ab: „auch die großen, namhaften Châteaus arbeiten lange schon zumindest nach ökologischen und nachhaltigen Richtlinien.“

Thierry Valette arbeitet seit 2006 biodynamisch und er glaubt an das Zusammenspiel von Tradition, die großen Bordeaux Grand Crus und die junge Bewegung, die Bordeaux mit leichteren Weinen bereichert, aber:

„Die Zukunft Bordeaux liegt in der Entwicklung von mehr Persönlichkeit. Wir müssen grundsätzlich zurückfinden zum individuellen Ausdruck der Weingüter. Wir müssen raus aus diesem Punkte-Bewertungs-Blabla.“

Der studierte Jazz-Pianist Valette ist überzeugt: „Wein erzählt uns von seiner Umgebung, wir müssen lernen wieder zuzuhören.“ Seine Weine sind kraftvoll und von lebhafter Frische, feine Tannine. Er arbeitet ebenfalls mit Spontanvergärung in Beton, mit toskanischen Ton- Amphoren und bevorzugt mit den Weinfässern der österreichischen Fassbauer Familie Stockinger. Der Handwerksbetrieb aus Waidhofen an der Ybbs zählt zu den gefragtesten Fassbauern der Welt, Valette schätzt die zurückhaltende Holzabgabe der Fässer aus Österreich. Château Clos Puy Arnaud ist unter Kennern längst ein vielgelobtes und geschätztes Weingut, für mich eine der echten Entdeckungen dieser Reise.

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Neue Weine, neue Etikette - MIttagessen auf Château Haut-Meyreau

Ich finde ja auch Valettes moderne, minimalistisch eleganten Weinetikette schon echt ansprechend.

Auf Château Haut Meyreau geht der junge Weinmacher Hugues Laborde noch einen Schritt weiter – die Etiketten für seine jungen und unkomplizierten Weine entstehen in-house und machen echt was her!

Beim Mittagessen auf dem Hof des Châteaus probieren wir die Vielfalt und Bandbreite die Laborde und Önologe Thomas Duclot spielen.

Das Catering kommt vom Caffe Cuisine im nahen Branne, ein sommerliches Mittagsmenü mit angebeiztem Lachs in einer kalten und cremigen Sauce aus Roter Bete mit Linsen, Kalbsbraten mit Couscous und Auberginen und einem Schokoladenkuchen, dessen belbende fruchtige Schärfe von einer Prise Piment D’Espelette herrührt. Danke für diesen besonderen Mittag!

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Terroir - die neue Erzählung von Boden und Klima

„Der nächste Schritt liegt in der Beschäftigung mit dem Boden.“

Gonzague Lurton

100 % Terroir – das war immer schon Kennzeichen und Gütesiegel der Weine aus dem Bordeaux, die überwiegend auf Lehm, bzw. Sand und Kalkstein wachsen. Jetzt beschäftigen sich Winzer*innen noch intensiver mit der Bedeutung des Vierklangs aus Klima, Boden, Rebsorte und Handwerk.

Gonzague Lurton, vom Château Durfort Vivens, Margaux AOC, interessiert sich forschend ganz besonders für den Boden, der generell immer mehr ins Zentrum ökologischer und biodynamischer Landwirtschaft rückt:

„Wir wissen eigentlich nichts über Boden, wir müssen rausfinden, wie er funktioniert.“

Flasche von 1870 und 2007

Das 55 ha große Weingut gibt es seit 1870, 1961 kaufte es Lurtons Vater für 100.000 Francs, ein Schnäppchen selbst zu jener Zeit. Heute gehört Château Durfort Vivens zu den renommiertesten Weingütern der Region und ist seit 2012 Demeter-zertifiziert.

Nicht erst seitdem erforscht Lurton mit Wissenschaftlern seine Böden. Die haben bspw. herausgefunden, das Pilz-Mycelien über Kilometer Impulse und elektrische Signale austauschen, Kommunizieren und auf Umwelteinflüsse reagieren. Was wäre, wenn wir zuhören könnten, in Kommunikation treten?

160 Terracotta-Amphoren stehen im Keller des Weingutes, lang und heiß gebrannt um den Luftaustausch während der Reifung der Weine zu minimieren. 20 % Amphorenwein steckt durchschnittlich in den Cuveés des Châteaus, die zu den besten Weinen gehören, die ich während dieser Reise probieren durfte.

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Mein Top-Favorit: 2019 Le Plateau!

Vin sans rien! - Der Garagenwinzer

„In unseren Flaschen steckt diese Liebe zum Wein, zur Natur, zur Rebe und zu zukünftigen Generationen.„ 

Maxime Julliot, SKJ Domaines

Maxime Julliot empfängt uns in seinem Keller in Listrac Médoc, das Anwesen besteht seit dem 18. Jahrhundert. Hier produziert er auf 100 %ige Merlots und Cuveés aus jeweils 50 % Merlot und Cabernet  – spontanvergoren, in Beton mazeriert – fernab der Bordeaux-Klassifizierungen.

Das gibt dem Diplom-Önologen und weitgereisten Bio-Weinmacher (u.a. Patagonien und Italien) Freiheit, auch die Freiheit Fehler zu machen, zu experimentieren:

„Mein Ansatz ist es, die Umgebung des Weinbergs und des Kellers, ohne technische oder praktische Barrieren zu verstehen.“

Viel näher kommen wir dem neuen Naturwein (low intervention wine) auf dieser Bordeaux-Reise kaum. Maxime Julliots Weine sind lebendig und machen einfach Freude, oder wie er es selbst bescheiden einordnet: „Wines for BBQ and Friends.“

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Ein Mittagessen im Bistro Chez méme

Nur 15 Autominuten von Maxime Julliots Weinkeller entfernt, liegt im Dörfchen Saint-Julien-Beychevelle das kleine Bistro Chez mémé. Der Chef ist wortkarg, die Küche ur-fanzösisch und auf den Punkt. Eine wunderbare Adresse!

An diesem Mittag steht eines meiner absoulten Lieblingsgerichte auf der Karte : Confit de Canard. Bei mir läuft das eher immer unter Herbst-Winterküche – neue sommerliche Lieblingskombi: mit Kartoffelstampf und Gartensalat!

Vorweg ein feiner Jakobsmuschel-Tatar und zum Dessert ein Schokoladenkuchen. Wie gut dazu Rotwein auch Mittags schon geht lerne ich mit dem Hasuwein, der auf den schönen Namen „Omas Augenzwinkern“ hört.

Besuch in einem Raumschiff namens Château Pedesclaux

Mittlerweile haben wir gelernt, Amphoren stehen (beinahe überall), die Beschäftigung mit Biodynamie und ökologischem Weinbau läuft, Bordeaux-Winzer*innen verstehen ihr Handwerk. Auf Château Pedesclaux kommt noch etwas hinzu. Modernste Technik.

Es will uns der Mund nicht mehr zugehen als wir die Raumschiff-artige Produktionshalle durchschreiten, blank polierter Stahl überall, es ist klinisch sauber, Schaltflächen und Kontrollsysteme leuchten.

Hier wird Wein im großen Stil gemacht – unter Zuhilfenahme modernster Technik und – der Schwerkraft. Herzstück der Anlage sind zwei Fahrstühle.

Sie transportieren die entrappten Trauben vom ersten Stock in die Tanks im Erdgeschoss…

… und anschließend in den Keller – zu jeder Zeit ist das System temperaturkonstant überwachtund luftdicht abgeschlossen.

Château Pedesclaux: kann man Bio und Biodynamie schmecken?

Ein Highlight dieser Reise war für mich ein superspannendes und einzigartiges Blind Tasting: das Team um Château Pédesclaux-Direktor Vincent Bache-Gabrielsen wollte es wissen, sie haben ihren 2019er Grand Cru classé hochaufwendig in drei Kategorien/Systemen ausgebaut und produziert:

  • biodynamisch
  • nachhaltig (raisonné/sutainabel)
  • organisch

Alle drei Weine wurden blind verkostet.

Das Resultat ist auch eine starke Botschaft: ja, man kann Biodynamie schmecken! Am Ende sprachen sich 6 der 12 (Fach-)Teilnehmer*innen der Blindverkostung für den biodynamischen Wein aus, 5 Stimmen gab es für den Biowein – und nur 1 Stimme für den „Raisonné“. Ich hatte Gänsehaut.

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Bordeaux Weißwein-Party am Cap Ferret

Eine Stunde und zwanig Minuten braucht es von Bordeaux Stadt bis zum Urlaubsparadies Cap Ferret.

Hier finden sich die weltberühmten Arcachon-Austern, die Dune du Pilat, zwischen Stränden und Pinienhainen – es ist ein bißchen das Cape Cod Frankreichs.

Wir feiern an diesem Geschenk von einem Sommerabend die „Bordeaux dry whites party“ im lauschigen Dünengarten der Austernmanufaktur Chez Boulan.

Dabei entdecke ich aber eine ganz neue Liebe: Wellhornschnecken (Bulot) in Salzwasser mit viel schwarzem Pfeffer gekocht.

Ein perfect match mit einer tollen Neuentdeckung, der herrlich salzig-mineralische 2020 Château Puyanché, der mit pointierten Aromen von Limette, weißem Pfirsich, Birne und Mango überrascht, Honignoten, einer feinen Kräutrigkeit und sanftem Barrique im Finale, wie ein Ausrufezeichen. Genial!

Und noch ein paar gepflegte Empfehlungen, aus dem weißen Bordeaux!

Neue Reben für Bordeaux

Auch beim Weißwein zeigt Bordeaux also Profil. Als Reaktion auf die Herausforderungen des Klimawandels wurden im Bordeaux sechs neue Reben zugelassen. 52 Sorten überprüfte der französische Landwirtschaftsverband (INAO), basierend auf zehn vorangegangen Jahren wissenschaftlicher Forschung: sechs neue Rebsorten dürfen künftig auf fünf Prozent der Anbaufläche gepflanzt werden. Cuvées dürfen allerdings nicht mehr als 10 % davon beinhalten.

Und das sind die Neuen!

Rot:

  • Arinamoa
  • Castets
  • Marselan
  • Touriga Nacional

Weiß:

  • Alvarinho
  • Liliorila

Die Reben haben unterschiedliche Vorzüge, sie sind teils stark Krankheits- und Hitzeresistent, bzw. genügsam, sind würzig und aromatisch, fördern und unterstützen in der Assemblage Geschmack, Struktur und Reifungspotential.

Reinsortige Weine statt Blends – am Beispiel Malbec und Merlot

Eine andere Idee ist es, sich teilweise von der Tradition der Assemblage im Bordeaux zu lösen und auch reinsortige Weine zu produzieren. Merlot, Cabernet Sauvignon und Malbec sind gute Beispiele.

Über die Frage aus welcher Region Frankreichs denn nun der Malbec ursprünglich komme, entspinnt sich im Restaurant Le Bouchon de Bourg eine so lebhafte wie fröhliche Diskussion, letztendlich einigt man sich auf „Frankreich“ (Argentinien saß nicht mit am Tisch).:-)

Das Le Bouchon de Bourg gehört zum Syndicat Viticole des Côtes De Bourg, die Oganisation läd an diesem Mittag zur Verkostung von reinen Malbec Weinen, Merlot und Cabernet Sauvignons, sowie Cuvées dieser Rebsorten mit Cabernet Franc.

Erstmal gabs aber ein bißchen Basis und zur Vorspeise servierten die talentierten jungen Küchenchefs Jules Castelneau und Maxime Viaud ein hinreißendes Durcheinander von gegrilltem Lauch mit Hüttenkäse, Sauce Verte und einer Vinaigrette Gribiche-Style, getoppt mit Röstbrot und gehobelten Radieschen.

Fünf Weine des spannenden Tastings seien hervorgehoben:

– der messerscharfe, trocken-würzige, reife, himbeerfruchtig-pfeffrige Cabernet Sauvignon vom Château Sauman begeistere mich

– ebenso wie der gradlinige, sulfitfreie 2019er Bio-Malbec O’Tour von Vignobles Arnaud.

– zum einzigen „Naturwein“ der Runde, dem 2020 Generation Spontanée Biowein der Corporandy Familie, notierte ich: unkompliziert und geradeaus, der beerenfruchtige Duft ein Vergnügen, frisch und klar im Mund, ein Berg voll Kirschen und sanftes Tannin – so gelingt es, mehr Menschen für Naturwein Rot zu begeistern.“

– grandios der Demeter-zertifizierte Malbec M De Côts 2020, fruchtig rund, frisch und würzig – ich nehme das Steak!

– und nicht zuletzt der samtige 2018 Amphoren-Malbec Amphorae der Familie Chéty – ein mundvoll!

Zwischendurch (und jawohl passend zu den rassigen, angenehm kühl servierten Rotweinen), der Hauptgang: Filet von der Feuer-gegrillte Seebrasse auf dicken Bohnen (Saubohnen) mit Auberginencreme und geröstetem Fenchel, gerahmt von einer leichte Sauce Hollandaise. Bravo!

Homepage Verband Côtes De Bourge

Homepage Restaurant Le Bouchon de Bourge

Instagram Restaurant

Say my name – die Menschen hinter den Châteaus zeigen

Châteaus, Überraschung, sind nicht immer Schlösser. Manchmal ist das auch die Bezeichnung für Landhäuser oder Bauernhöfe mit eigenen Weingärten.

Während interessierte Weingenießer*innen hierzulande ihre Winzer*innen kennen, bzw. die Namen derer bereits das Etikett prägen, macht es das Château-Prinzip schwer, die Persönlichkeiten und Eigentümer*innen hinter den Weingütern sichtbar zu machen.

Das Château ist alles, wer es bewirtschaftet muss man oft genug recherchieren. Dabei sind die Winzer*innen(-Familien), Önologen, Kellermeister*innen ursächlich verantwortlich und stolz auf ihre Arbeit, sie verdienen Sichtbarkeit.

Auch hier weht ein frischer Wind , der Fachverband CIVB (Le Conseil Interprofessionnel du Vin de Bordeaux ) arbeitet in siener Kommunikation verstärkt auch mit Fotomaterial und Porträts der Weinschaffenden.

In diesem Sinne und beispielhaft:

3weitere, persönliche Empfehlungen aus dem neuen Bordeaux

Anaïs Bernard betreibt mit ihrem Partner Bastien Pestourie das junge Bio-Weingut La Bastane (hier kann man auch Urlaub machen!) – sie schaffen wilde, lebendige naturnah geschaffene Weine, die einfach Spaß machen.

Mich begeisterte ihr Vendange á Rions 2020, ein runder, dynamischer und animierender weißer Cuvée aus Sauvignon Blanc, Sèmilliom und Muscadelle.

labastane.com

In 5. Generation leitet Dipl. Weinbauingenieurin Estelle Roumage das Château Lestrille.

Ihr Entre Deux Mers ist wie der Biss in eine reife saftige Cavaillon-Melone, in einer Blumenwiese sitzend, derweil vom Meer ein kühlend salziges Lüftchen herüberweht. Mein Sommerwein 2022.

lestrille.com

Weinmache Pierre Cazeneuve vom Château Paloumey servierte am Willkommensabend in Bordeaux seinen formidablen 2019 Cru Bourgoise Supérieur Haut-Médoc! Ich hab mir tatsächlich vom biozertifizierten Wein nachschenken lassen.

chateaupaloumey.com

Auf wiedersehen auf der Bordeaux Fête le Vin

Die Bordeaux Fête le Vin ist anders als andere Weinfeste. Die ganze Stadt ist auf den Beinen, und besonders viele junge Besucher*innen interessiere sich für den Reichtum am Weinen, der hier über einen Verkostungspass ausgeschenkt wird.

Es gibt Live-Musik und Workshops, DJs legen auf – es ist schlicht grandiose und eine Reise wert. Alle zwei Jahre findet die Fête statt, im Moment gibt es Überlegungen, jährlich zu veranstalten.

Unser Gastgeber laden uns am letzten Abend zum Abschiedsabend auf den Dreimaster Thalassa. Natürlich mit ausgesuchten Bodeaux-Weinen zum schönen Sommerabend passend!

Zwei echter Hingucker beim Flying Büffet: ein dekoratives Brot, gefüllt mit „seinen Sandwiches“, Trüffelcreme und ein Kochschinken, der schmeckt wie früher. Und die süße Spezialität der Stadt, die Canelés, UNESCO-Weltkulturerbe und an diesem Abend ineiner überraschende, herzhaften Version. Dazu der perlende Tentation de Maucaillou von den Domaines de Maucaillou.

Foie Gras. Gekühlt und im Mund zartschmelzend, im Rotwein-Mäntelchen, senstaionell. Das Team vom Maison DuLou Le Traiteur servierte auch entzückende Mini-Tacos aus gelber Bete mit Möhrencreme-Füllung.

Zwei Salate, einmal Thunfisch mit geschmorter roter Paprika und Zwiebel-Konfit. Und alle grünen Bohnen des Sommers, auf Erbspüree und mit gerösteten Mandeln. Käse-Kräcker mit Zucchini als Lolli gereicht und samtig kühle Ziegenkäsecreme auf Blätterteigkissen und dazu irgendwann diese Aussicht:

Dankbar drehen wir noch eine Runde auf der Fête Le Fin, auf der Winzer*innenparty legt DJ Merlot für seine Kolleg*innen auf.

Was für ein gelungener Abschied für diese vollgepackte, spannende Reise. Ich danke unserer Reisegruppe, den Kolleginnen und Kollegen aus den USA, Japan, Großbritannien und Belgien, für fröhliche Tage, für den fachlichen Austausch und die gute Zeit miteinander.

Ich danke unseren Gastgebern von Vin de Bordeaux und der Fête le Vin Bordeaux, allen Weinmacher*innen die uns empfingen, ihre Keller öffneten und ihre Geschichte erzählten – dank für die Gastfreundschaft, das gute Essen, die neuen Weine. Das neue Bordeaux macht einfach Spaß!

bordeaux.com/de

bordeaux-fete-le-vin.com

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