NordicFrench – Neues aus der Tarterie St. Pauli

Entwicklungen sind ja immer spannend, gerade auch in Restaurants. Die Tarterie St. Pauli war bekannt für gute Quiches und Flammkuchen, Tartes, Schnitzel und Salate. Nach einer Renovierung startete Koch und Gastronom Fabio Haebel im vergangenen Jahr richtig durch: mit Unterstützung von Fabian Huber gelang der Sprung ins casual fine dining, im Januar 2016 schrieb ich darüber für Falstaff.

Jetzt neuerlich eine spannende Kurskorrektur, mit dem März-Menü und einem neuen Küchenteam – neben Fabio Haebel kochen Marcel Hapke (ehemals Lenz) und Tim John Frontzeck (ehemals Madame X / Off Club) und Ergül Ceylan in der Küche. Hierarchie-frei, das ist Gastgeber Haebel wichtig, Restaurant-Leiter ist Lutz Lonchant. Entwickelt wurde ein neuer Küchenstil, der nahtlos ans alte Konzept anschließt, es wurden aber entscheidende Stellschrauben gedreht: Reduktion und Konzentration, noch mehr hin zum Produkt und damit auch zu mehr regionaler Saisonalität – ohne die französischen Wurzeln zu verleugnen, aber auch ohne strengen Verzicht, das neue März-Menü starter, trés française, mit Aubergine. Nordic-French nannte Fabio Haebel das beim Presse-Dinner vergangene Woche vorsichtig, man fuchse sich noch rein, ins Thema.

Spannend ist das allemal, und schlüssiger als die hilflosen Versuche die andernorts zu beobachten sind, wo man versucht, mit glimmendem Tannengrün und Moos-Arrangements an den Erfolg der Nordic Cuisine anzuschließen. Das März Menü der Tarterei ist ein erster (Vor-) Geschmack. Los geht es, mit hausgemachten Fladenbroten und gereifter Butter, als Amuse einer Tarte, das wird immer so sein, sagt geschichtsbewusst der Gastgeber. Aubergine mit Nuss, zartblättrig, würzig, feines Entrée.

Dann wirds spannend und wirklich genial: Kartoffeln aus dem Heu, geräuchert, in Heu-Butter fertig gegart, vor dem Servieren geflämmt und mit Kräuterquark und Leinöl serviert. Grande!

Nur ganz leicht angegart ist die gebeizte Forelle mit Forellenkaviar und Sauerklee in Dashi-artiger Nage mit geröstetem Pumpernickel.

Zum Hauptgang gibt es Lamm mit Wildkohl auf cremigem Sellerie, völlig faszinierend, der gebratene Kohl entwickelt mit der süßlich abgeschmeckten Creme einen Geschmack von Popcorn! Die Jus dazu ist gutes Handwerk!

Und ja! Es gibt es noch, das Käse-Dessert, eine feine französische Tugend, die in Vergessenheit gerät. Mit der Nouvelle Cuisine verschwanden in den 80ger Jahren die teuren Käsewagen aus vielen Restaurants, zu Gunsten eines Käse-Desserts – einem Gang in dem der Koch Käse als Produkt begreift und geschmacklich inszeniert. Ich bin absoluter Fan und besitze noch eine Liste aller Käse-Desserts aus meinem Lehrbetrieb damals, grandiose Kombinationen! Bei Fabio Haebel gibt es Friesisch Blue vom Hof Danwisch, mit Apfel-Quitten-Kompott und Apfelstaub aus Apfelschalen. Toll!

Zum Abschluß Milcheis mit saftigen Bisquittbröseln und Veilchen-Staub – macht glücklich und zufrieden. Die Weinbegleitung ist übrigens erstklassig und spannend, das ist auch Stephanie Döring geschuldet, die nur eine Tür weiter die TVino Weinbar und Weinladen St. Pauli betreibt. Ein Dreigang Menü kostet in der Tarterie 38 Euro, sechs Gänge 65 Euro, die Weinbegleitung gibt es ab 28 Euro und bis 38 Euro.

NordicFrench also. Kann man sich gut mal merken!

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