11 Jahre NutriCulinary – ein paar Gedanken zum Geburtstag

Das Zehnjährige habe ich verpasst, nun ist NutriCulinary also schon seit elf Jahren online, ich freue mich. Das hätte ich gar nicht gedacht, dass im stetig wachsenden medialen Rauschen noch Platz ist, für ein Oldschool-Foodblog, das sich mit den Jahren in seiner Struktur mehr und mehr gewandelt hat, einfach weil die Kommunikation, die ein Blog ja ausmacht, zumindest bei mir, heute auf anderen Kanälen statt findet. Ein Austausch ist das immer noch, nur werden die Beiträge jetzt eher direkt auf Facebook kommentiert und diskutiert, ein überwältigender Teil der BesucherInnen dieser Seite liest und informiert sich hier auch einfach nur.

Das ganze Alltagsrauschen, die hohe Schlagzahl an Beiträgen der Anfangsjahre, haben sich ebenfalls erübrigt – heute liegt die Kraft in der Ruhe. Dem Strom der kurzen Gedanken, Links und Meinungen, den schnelle Wort- und Bildmeldungen auf allen Kanäle, ein bebildertes Lesestück hinzuzufügen, das Zeit und Muse (und Lust darauf!) fordert. NutriCulinary ist heute was fürs Wochenende, für den lese ich später-Button – und das ist prima so.

Aktion und Alltag finden dagegen woanders statt, auf Facebook, und vor allem tagesfrisch, unterwegs sogar live, auf Instagram – meinem wohl am rasantesten wachsenden Social Media-Account – vielleicht weil ich da mal weniger schreibe, haha! Dennoch: ich freue mich jeden Tag, dass NutriCulinary noch da ist und wächst und gerne gelesen wird, denn es ist meine Seite, sie gehört keinem Konzern. Und wenn mal alles den Bach runtergeht, mit Zuckerberg & Co, dann wird NutriCulinary hoffentlich immer noch senden.

So haben wir ja mal angefangen, mit der Bloggerei, wir wollten unsere eigenen Sender sein, es ging uns um den Austausch mit Gleichgesinnten und wir waren sicher auch kritischer damals. Im Buch „Wir nenne es Arbeit“ von Sascha Lobo und Holm Friebe schrieb ich damals (2008): „Wer fürs Blogen auch nur einen Cent nimmt, hat nicht für fünf Pfennig Anstand im Ranzen.“ Heute ist die (Food-) Bloggerei in Teilen ein Geschäft geworden, damals haben wir ernsthaft diskutiert, ob und wie (oft) man eigene Bücher im eigenen Blog bewerben darf und soll. (Hier bitte augenrollendes Emoji hindenken)

Kritisch beginnt auch NutriCulinary am 29. März 2008, mit einer Buchbesprechung  von Thilo Bodes Buch „Abgespeist“ („Wie wir beim Essen betrogen werden und was wir dagegen tun können“) und gleich am nächsten Tag ging es weiter mit einem Beitrag zu Analogkäse und am 1. April folgte der Aufruf, Horst Seehofer doch eine Mail zur Ampelkennzeichnung von Lebensmitteln nach Berlin zu schicken. (ja, so lange schlagen wir uns damit schon rum.)

Politische Themen gibt es heute auf NutriCulinary immer wieder mal, es ist aber wesentlich weniger geworden, wie überhaupt die Foodbloggerei generell nie wirklich politisch war, Ausnahmen wie Hendrik Haase bestätigen die Regel. NutriCulinary hat sich thematisch in den vergangenen elf Jahren langsam aber grundsätzlich verändert und das hat viel mit meiner jüngeren Biografie zu tun.

Ich habe Koch gelernt, bin dann Foodstylist geworden und mit dem Start von NutriCulinary ging damals mein nächster Lebensabschnitt als Autor los: 2009 erschien mit Monsieur der Hummer und ich mein erster Erzählband im mairisch Verlag, es folgten erste Aufträge von Zeitschriften und Magazinen (Penthouse und Effilee waren übrigens die Ersten!), dann das erste Kochbuch… in den vergangenen zehn Jahren habe ich zwei Kurzgeschichtenbände, einen Roman, acht eigene Kochbücher und drei Auftrags-Kochbücher geschrieben, eine Anthologie zur Philosophie des Kochens herausgegeben und parallel als Seiteneinsteiger im Food-Journalismus Fuß gefasst. NutriCulinary wurde dabei immer mehr zur kulinarischen Genuss-Seite, hier kam rein, was ich wahlweise in der journalistischen Arbeit nicht unterbringen konnte, oder gerne einfach ausführlicher und unkompliziert erzählen wollte: Reiseberichte, Besuche bei ProduzentInnen, Kochbuch-Rezensionen und Restaurantbesprechungen – und auch das ist gut so, denn ich glaube, das man ernährungspolitische Themen auch und gerade über eine positive Genussvermittlung transportiert bekommt: wer Ahnung hat, wer schmecken und kochen kann, wer aufgeklärt ist, Handwerk schätzt und Hintergründe kennt – der wandelt sich vom Konsumenten zum Prosument, der ist für immer verdorben für Quälfleisch und Normgemüse.

Ich danke Ihnen und Euch, dass Ihr diesen Weg mit mir gegangen seid und NutriCulinary bis heute Eure Aufmerksamkeit (und Lebenszeit!) schenkt. Ich bin dankbar für die vielen Inspirationen, Begegnungen und auch Freundschaften, die sich in den vergangenen Jahren aus dem Onlinebereich in die Kohlenstoffwelt hinein weiter entwickelt haben – schön, dass es Euch gibt! Und ich bin unendlich dankbar, für Euer aller Vertrauen in meine Arbeit als Kochbuchautor. Es macht mich glücklich, zu sehen und zu lesen, dass meine Bücher bei Euch zuhause benutzt werden und funktionieren, das Ihr Freude daran habt. Und ich freue mich über jeden Post von Euch, jede Besprechung, jede Meldung, jedes Bild aus Euren Küchen – das ist mir immer auch Ansporn und Verpflichtung. Danke Euch!

Bleiben wir neugierig!

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