Foodbloggerinnen bei der Arbeit (v.l.n.r.: Conny (seelenschmeichelei.de), Tanja (foodistas.de) und Kerstin (mycookingloveaffair.de), in der Küche: uns Uwe!
Foodblogger Uwe Spitzmüller läd uns am letzten Abend zu sich Nachhause, ein Supperclub bei Highfoodality, so der Name seines Blogs und wer Uwes Blog kennt, ahnt, dass wir uns freuen. Denn Uwe gehört zu den engagiertesten kulinarischen Denkern (hier ganz bewusst männliche Form) in der Foodblogger-Szene, professionalisiert in der Kreation wie auch in Präsentation. Empfang im freundlichen Neubau, alles sehr aufgeräumt, die Wohnung eh, der Garten auch, die Küche sieht aus wie eben eingebaut, keine Spuren von den zehn Köstlichkeiten, die mit Kreide auf einer Tafel notiert sind. Untestützt wird Uwe an diesem lauen Spätsommerabend von seiner Frau und einem alten Freund, der Gastro-Erfahrung mitbringt und sich um die Getränke kümmert.
Los geht es mit hausgebrautem Ginger Beer mit Gin und Minze im Kolbenglas, sehr erfrischend, dazu „Schlachtschüssel“ ein knuspriges Cornet mit würziger Wildschweinmousse und Blutwurst, Sauerkraut und Majoran. Ein schöner Auftakt und ein Hinweis auf den roten Faden des Abends, Uwe hat sich vorgenommen die heimische Küche zu interpretieren, mit später deutlich asiatischen Akzenten. Spannend! Wir stehen im Garten und es fühlt sich ein bißchen an wie bei der Fernsehserie „Das perfekte Dinner“ auf VOX, so stell ich mir das jedenfalls vor. Der Tisch ist hübsch gedeckt, erwartungsvoll nehmen wir Platz und dann schnurrt da ein Abend durch den Raum, der sich schnell tatsächlich als das perfekte Dinner entpuppt. Der Reihe nach:
Der Saibling in Dashi-Sud ist butterzart nur angebeizt und dann leicht warm gezogen, mit Korianderöl und schwarzem Knoblauch, der Dashi-Sud dazu handwerklich und geschmacklich tadellos, die Leichtigkeit der Aromenbombe, die Raffinesse steckt hier unaufdringlich im Detail. Ein perfekter Gang für mich, auch der Wein dazu, ein Weißburgunder von Stahl.
Schlagartig rustikaler, auf die feine Art, wird es mit dem Nürnberger Rostbratwurstsalat mit Senfmayonnaise, Essig-Schalotten und fränkischem Brot Crumble – Seelenessen! Das Rezept dafür hat Uwe freundlicher Weise schon im Blog notiert! (Man braucht dazu angeblich einen „Anstellring“. Verrückt, die jungen Leute!)
Rotkohl-Gaspacho mit Senfeis, Dillblüten, Senfsamen und Erbsensprossen, auch das gelingt Uwe formidabel, es gibt keinen Unterschied zum guten Restaurant, bzw. kann man oft im guten Restaurant auch wesentlich schlechter essen. Die Aromen und Konsistenzen tun sich zusammen zum Großen und Ganzen und wir löffeln schweigend das kleine Kunstwerk auf. Fast hätte ich vergessen, das begleitende Bier auch dazu zu trinken, irre gut und passend: Gurken Gose von Hertl & Hopfmeister, Aufgrund des Reinheitsgebotes als „Alkoholhaltiger Salat“ ausgewiesen, es schmeckt wesentlich besser als der Humor vermuten lässt, frisch gurkig, elegant – sicher auch ein großartiger Solist an warmen Sommertagen.
Hirschjagd mit Kerstin (mycookingloveaffair.de), Conny (seelenschmeichelei.de) und Orhan (kochdichtürkisch.de)
Es folgt ein Imperial Stout Lager vom heimischen Gänstaller Bräu, die „Schwarze 90“ ist ein vielschichtig, komplexes Bier, bitter mit feiner süße, malzig schwer und deutlich gekühlt (wie bei Uwe) serviert ein Knaller. Gerade auch zum perfekt gegarten Hirschfilet auf Selleriepü mit dunkel-süßer Mole Sauce, Quinoa und Schokoladenpfeffer. Und überhaupt, das läuft hier wie am berühmten Schnürchen und es ist uns nicht vergönnt, an diesem Abend auch nur einmal eine ansatzweise eingesaute Küche nachzuweisen, es ist beschämend und Neid erzeugend, in Seelenruhe schickt Uwe Gang um Gang. Da werden Beutelchen aufgeschnitten und Deckelchen gelüftet, gekleckert, gestrichen, getropft in absoluter Ruhe und höchst angenehmer Schlagszahl. Verschmutztem Geschirr will es partout nicht gelingen, überhaupt nochmal die gänzende Arbeitsplatte zu erreichen – Uwes Frau ist schneller.
Entdeckt? Ganz rechts sitzt Florian Bailey, Erfinder und Organisator der legendären Nürnberg/Regensburg/Franke/Oberpfalz-Foodcamps!
Bickel-Stumpf 2015 Buntsandstein, Silvaner trocken zum Gang, der sich schlicht „Knoblauchsud“ nennt, eine infame Untertreibung, dieses samtene Knoblauchsüppchen mit marzipanzarter Jakobsmuschel, sous-vide gegarter deutlich knackiger Petersilienwurzel, Petersilien-Pistou und Shisokresse. Der Wein dazu, neben der Gurkennummer weiter oben, mein perfect match des Abends. Ein weiterer Wein, den Uwe an diesem Abend für uns entkorkte aufdrehte, war übrigens der Rödelseer Küchenmeister 2015er Fränkischer Satz trocken, vom „Garagenweingut“ 3 Zeilen, zum wegsaufen gut!
Noch ein Fleischgang, love it! Perfekt geschmorte Kalbsbäckchen im Sauerbraten-Style und ich bin direkt ein bißchen neidisch, dass ich da nicht drauf gekommen bin. Dazu gibts bayerische Frühlingsröllchen mit Semmelnknödelmasse im kunsprigen Frühlingsrollenteig, genial dazu als drittes Element die fruchtig kühlen Birnenkügelchen und wenn ich mich nicht irre, dazu den 2014 Rot Hügel von Bickel-Stumpf, eventuell gabs den auch erst nach dem Essen, die Aufzechnungen verschwimmen hier etwas- jedenfalls der Rotwein-Cuvée, aus den Rebsorten Domina, Blaufränkisch, Spätburgunder und Cabernet ist eine Bank.
Ein Gruß von Nele Marike Eble besser bekannt vom Pralinen-Blog Pralinenwahnsinn und der gleichnahmigen Pralinen-Schule in Braunschweig, ihre kunstvollen Pralinen kommen jetzt auf den Tisch. Neben Frucht und Schokolade finden sich auch immer salzige und beherzt säuerliche Noten in den zartschmelzenden Meisterwerken, ich bin nicht so der Pralinen-Typ, die hier sind große Klasse. Und auch Uwe kann Süß, hier steigen ja viele Köche bekanntlich doch aus und verweisen auf die Pâtisserie.
Uwe tischt Birnen-Variationen auf, ein Reigen an Konsistenzen, Aromen und Temperaturen rund um die fränkische Birne und es kratzen schnell Löffel auf Porzellan und ich weiß wieviel Arbeit das war, wieviel Arbeit das ganze Menü war. Und wie genial gelungen, aufgetischt und geschmeckt alles hat! Ich ziehe meinen Hut, und sage danke für die Einladunng, für einen grandiosen Abend, danke unseren herzlichen Gastgebern und nicht zuletzt Nürnberg Tourismus, die das reiche Wochenende möglich machten, danke!
Und nicht zuletzt: man munkelt, es bestünde irgendwann einmal die Möglichkeit, für einen Supperclub bei Uwe Spitzmüller Plätze zu reservieren. Gerüchte natürlich. Aber behalten Sie den Mann mal im Auge!
Die ganze Serie:
Ein Wochenende in Nürnberg (1): Restaurant Sosein revisited
Ein Wochenende in Nürnberg (2): kulinarische Foodhopping-Tour durch Nürnberg
Ein Wochenende in Nürnberg (3): Supper Club Supperclub mit Highfoodality