Seit die Beschäftigung mit Kulinarik groß in Mode gekommen ist, gönnen sich immer öfter Magazine eine (Sonder-)Ausgabe zum Thema. Auch in der aktuellen Ausgabe von DUMMY, dem unabhängige Gesellschaftsmagazin, geht es um Essen und Trinken. Verspricht zumindest der Titel, die Beschäftigung mit dem Thema fällt allerdings vollkommen anders aus, als sonst üblich. Es ist als habe die Redaktion beschlossen, die „dunkle Seite der Kulinarik“ herauf zu beschwören – und das ist ausserordentlich gelungen.
Los geht es mit einem ziemlich langweiligen Jürgen Dollase-Interview, der Großkritiker ergreift die Gelegenheit, sein wohlbekanntes kulinarische Weltbild über vier Seiten darzulegen. Dann aber nimmt das Heft Fahrt auf und es folgt ein Reigen äusserst interessanter Beiträge, die allerdings geeignet sind, zartbesaiteten Genießern den Appetit gründlich zu verderben. Als da wären: Eine Fotostrecke mit komatös betrunkenen Japanern, ein Beitrag über Kanibalismus, die wirklich sensationelle Geschichte des Weinfälschers Rudy Kurniawan und ein Beitrag über den ersten Völkermord der Deutschen (1904/05), die Auslöschung der Herero in der Halbwüste Omaheke, Zehntausende verdursteten in der von den Deutschen umstellten Wüste.
Zur Erholung gibt es eine außergewöhnlich schöne Fotostrecke über Hochseefischer, dann wirds wieder heftig: beim Besuch eines nordkoreanischen Restaurants werden verwesende Rindfleischklößchen und Hundesuppe serviert. Es folgt ein Beitrag über die Zwangsmast junger Mädchen in Mauretanien, die Männer dort lieben dicke Frauen. Weiter geht es mit Bildern vom Alltags-Alkoholismus in der DDR, Vielfrass-Wettkämpfe in den USA. Dem Bericht über die Magersucht des ehemaligen Journalisten und Telekom-Sprechers Christian Frommert, folgt ein Beitrag zur „Kultur des Hungerstreiks“ und wer dann noch den Artikel über Schlachthäuser in Indien schafft, dem wird spätestens bei den großformatig Fotografien von Chris Jordan schlecht: Bilder verweste Vogelkadaver und ihrer Mageninhalte (Plastik, Abfall, Plastik).
Sie könnenn noch? Nach einer Alkoholiker-Beichte die so garnichts mit der von Jenny Elvers-Elbertzhagen auf RTL zu tun hat, informiert auf der letzten Seite des Heftes Thomas Mann persönlich von „Überstarken Darmwinden“ und beunruhigend schwere Entleerungen.
Schlimm. Das Heft ist eine Zumutung. Der interessanteren Art. Die Weingeschichte, die Hochsee-Fotos und die Indien-Reportage lohnen leider alleine schon den Kauf.
Für Hartgesottenen noch bis zum 18. März zum Preis von 6 € (D) am wohlsortierten Kiosk.