Die empathischen Bemühungen der Industrie um Fleischersatz rühren mich immer wieder, staunend stehe ich vor den ungekühlten Regalen in Drogerien (!) und bewundere wurstförmige Tofu-Snacks und Saitan –Frikadellen in Plastik. Die Sinnlosigkeit der bröseligen Fleischimitate beeindruckt, es kann ja nicht der Geschmack alter Teppichauslegeware sein um den es hier geht, und auch die vermeintlichen Zielgruppen der Vegetarier und Veganer sind mittlerweile emanzipiert und lassen sich allerhöchstens mal zum Sommer-Grillfest mit Tofuwürstchen blicken.
Es muss also die pure Freude an der Schöpfung sein, aus der heraus uns die Nahrungsmittelindustrie mit Tofu-Knackis und Getreide-Snackies erfreut, ein heiterer Anachronismus, der Gegenschlag zum Fleischskandal, ein in Plastik eingeschweißtes „Yes we can!“, wir basteln Fleisch. Nicht auszudenken, schlügen die Fleischesser zurück: mit Cervelatwurstwirsing und Mettmöhren.
Gestern in der Drogerie zog es mich wieder mal magisch ans Fleischersatzregal und es entfuhr mir ein Freudenseufzer, als ich dort, ganz neu rein gekommen, eine Landjäger-Simulation erblickte! Die klassisch geräucherten und luftgetrockneten Rohwürste im praktischen Vierkantformat erfreuen sich besonders in meiner schwäbischen Heimat großer Beliebtheit.
Hier gemahnte nur noch die Form an die fleischliche Vorlage, der vegetarische Snackriegel aus Weizeneiweiß barg aber noch eine hübsche Überraschung, ich wollte es kaum glauben, als ich die Etikettierung studierte: „Spacebar Hanf“, nennt sich der, nur vemeintlich bewusstseinserweiternde Pseudo-Landjäger, der mit 1 % Hanfsaat und aufgedrucktem Cannabisblatt völlig neue Wege in der Zielgruppenfindung geht.
Nun bin ich privat deutlich der Reggaemusic zugetan, weniger aber ihren Begleitumständen, es war die inner Chronistenpflicht die mich ein Riegelchen mit nachhause nehmen ließ. Meine Verkostungsnotizen künden von appetitlichem Raucharoma in der Nase, schwammig-gummiartiger Konsistenz im Mund und tatsächlich eine, durch Buchenrauch und die reichliche Verwendung von Pfeffer herbeigeführte, leichte Erinnerungen an Landjägerwürste. Eine Sinnestrübung war gottlob nicht zu verzeichnen, es blieb aber die Frage: warum Spacebar wenn es Landjäger gibt?
Dass man sich auch ohne Tofu-Zombies fantasievoll fleischlos, ja sogar vegan Ernähren kann, belegt ein veganes Kochbuch, dass im wunderbaren Blumenbar Verlag erschienen ist.
Das Vegane Kochbuch der Münchner Gastronomin Sandra Foster darf getrost als Quantensprung in der Geschichte vegan orientierter Kochbücher angesehen werden, viele Vorläufer gemahnten eher an fotokopierte Zettelsammlungen mit der Bildsprache von Apotheken-Broschüren, wie mir eine betroffene Veganerin neulich leidvoll berichtete. Neben den Rezepten der Köche Fabian Schönegger und Peter Ludik, finden sich Textbeiträgen von Sandra Forster, Rainer Erlinger, Hilal Sezgin, Michi Kern und Sharon Gannon. Ein Video-Interview des Bayerischen Fernsehns mit der Herausgeberin Sandra Forster ist hier zu sehen, man mag über die „Ausbeutung und Versklavung der Bienen“ geteilter Meinung sein, das von Sarah Illenberger (New York Times Magazin, brand eins, Neon…, tolle Seite!) gestaltete Kochbuch, wunderschön in Leinen gebunden, macht Appetit auf ein fleischloses (Teilzeit-)Leben nach der Landjäger-Lüge.
Das Vegane Kochbuch
Sandra Foster (Hg.)
Sarah Illenberger
160 Seiten
Leinen, gebunden
ISBN: 978-3-936738-53-7
24.90 EUR (D)
25.60 EUR (A)
44.00 CHF (CH)