No Reservations – Tour de France Sud (4): ‎Cavaillon – Lacoste – Menérbes (der Luberon)

Der Luberon ist eine Schönheit, mit seinen Weinbergen und mittelalterlichen Städtchen, ein kulinarisches Schlaraffenland mit dem Duft süßer Melonen und herber Kräuter.

Austern, Schnecken, kühler Wein - der Markt an der Müle in Taillades

Unsere Tage im Luberon beginnen am späten Nachmittag auf einem regionalen Erzeugermarkt in Taillades. Im Schatten der mächtigen Moulin St. Pierre stehen ein paar wenige, aber reich bestückte Stände, mit Gemüsen und Obst, Backwaren und Charcuterie.

Herzstück des Marktes, dessen wahre Bestimmung wohl eher im geselligen Beisamensein liegt, ist die mobile Weinbar von Christophe, der französische Austern in verschiendenen Größen verkauft, dazu in Salzwasser gegarte Shrimps, die kalt mit Mayonnaise serviert werden – dazu eisgekühlter, einfacher Weißwein aus Schläuchen. Herrlich!

Auf der Ladefläche seines Anhängers hat ein heimischer Schneckenbauer eine Fritteuse installiert, darin frittiert er knackig-zarte Schneckenmuskeln in Weinteig. Knusprig gebacken, ein selten guter Snack! Dazu erzählt Monsieur von seinen hunderttausend Schnecken und wie neulich mal: „…30.000 ausgebrochen sind, aus dem Gehege, über Nacht!“ Weit gekommen sind die Flüchtigen nicht, das Einfangen war dennoch mühsam. An dieser Stelle stellen wir uns bitte kurz vor, wir müssten uns ca. 30.000 mal bücken.

Aux Secrets du Puits B&B - das große Kochen

Orte wie den Markt an der Mühle findet man als Tourist wohl eher nur durch Zufall. Wir verdanken den grandiosen Auftakt unseren Gastgebern für die nächste Tage: Nathalie und Jean-François leben nahe der Melonen-Stadt Cavaillon und haben sich und ihren Gäste mit dem Bead & Breakfast Aux Secrets du Puits B&B ein idylisches Refugium geschaffen, einen Ort der Ruhe und Entspannung.

Das klassische Bed & Breakfast bietet seinen Gästen neben der traumschönen Anlage und modernen, durchdachten Zimmern mit richtig guten Betten, ein herrliches Frühstück – inklusive Eiern von den eigenen, freilaufenden Hühnern!

Nun kennen wir aber Nathalie schon viele Jahre, aus Deutschland noch, wir sind befreundet und so hatten wir das Vergnügen und Privileg, in den Genuss von Jean-François Küche zu kommen. Auftakt mit Pissaladière – einer Art Zwiebelkuchen, saftig, auf knusperblättrigem Teig, dazu Sardellen wie Ausrufezeichen! Und weil Jean-François weiß, dass Kulinarik nicht die Anbetung der Asche bedeutet, sondern das Weitertragen des Feuers, hat er dem Klassiker ein paar reife Tomaten spendiert, die zusätzlich Süße, Frucht und Säure bringen – genial!

Sensationell der Hauptgang, Entenbrust von der Plancha, mit einem Haufen provencalischen Kräutern, süßen Feigen vom eigenen Baum und der berühmten Cavaillon Melone, die ebenfalls gegrillt wird und dabei ein tiefe warme Süße entwickeln, perfekt zur pointierten Salzigkeit, zu den wild-würzigen Aromen der Barbarie-Ente, zum krossen Fett der zarten Brust.

Danke Nathalie und François, für Eure Gastfreundschaft, für diese bunten Tage!

Wir trinken dazu einen 2015er Quercus AOP Luberon, der Genossenschaftswein der Cave Du Luberon, gefällt mit schokoladig-pfeffrigen Noten, Cassis, Karamel – eine Assemblage aus 85% Syrah und 15 % Grenache Noir. Anderntags kaufe ich den 2017er für Zuhause ein.

Aux Secrets du Puits B&B - das große Kochen

Mit reichlich Tipps ausgestattet machen wir eine kleine Tour durchs Luberon – die Region ist bekannt für ihre weite Landschaft, die pitoreksen Dörfer und Städtchen in den Hügeln, von denen nicht wenige zu den schönsten Villages Frankreichs gehören. Oben im Bild die Stadt Gordes. Was nicht zu sehen ist, sind die Reisegruppen japanischer Touristen, die mit Selfiesticks bewaffnet, hinter mir aufs Plateau drängen.

Wir genießen das wesentlich stillere Lacoste, gehen steile Wege und enge Gässchen hinauf zur Burg, in der der Marquis de Sade eine Haftstrafe wegen allerlei Unsittlichkeiten verbüssen musste, die heute woh nicht mal mehr Teenagern die Schamesöte ins Gesicht triebe. Die Haftstrafe war aber eher ein Hausarrest, den Jean-Baptiste de Sade hatte durch die Heirat mit Diane de Simiane Dame de la Coste, Dörfchen und Burg gleich miterworben. Ein beachtlicher Teil des Dorfes, wie auch die Burgruine selbst gehört heute dem Modeschöpfer Pierre Cardin, der den Ort zu einem kulturellen Zentrum machen möchte. Dazu lesenswert, folgender kurzer Artikel zur Geschichte Lacostes auf provence-entdecken.de.

Am Mittag erreichen wir Ménerbes – noch so ein zauberhafter Ort und etwas belebter als Lacost. Im Au Goût Du Jour (das Restaurant mit Terrasse verfügt über ein angeschlossenes, gut sortiertes Wein – und Spezalitäten-Geschäft mit regionalen Schätzen), genießen wir getrüffelte Gnocchi – und lassen ansonsten mal das Idyll für sich selbst sprechen.

Wo Barack Obama und Bill Gates Wein kaufen - besuch der Domaine De la Citadelle

Ein Tipp von Jean-François führt uns zur Domaine De La Citadelle, dort entstehen großartige Weine der Region. Die Domaine mit botanischem Garten ist für Verkostungen und Besichtigungen geöffnet und es lohnt, ein bißchen Platz im Kofferraum mitzubringen. Das wissen auch Barack Obama und Bill Gates, die beide in diesem Jahr das Weingut besuchten. Familie Obama urlaubte im Sommer 2019 in der Provence, Bill Gates war nur ein paar Wochen vor uns da – im Entrée des Weinguts belegen Bilder den Besuch.

Auch auf wiederholte Nachfrage versicherte man mir, dass es nicht notwenig sei, auch meinen Besuch in Bildern festzuhalten. Ich bin schon etwas beledigt, muss aber zugeben, dass der Blanc de Blanc Chardonnay Sekt „1594“ (nur vor Ort!) und der rote Gouverneur doch schon ziemlich gut sind!

Sonntagmittag, irgendwo im Luberon

Wie so oft auf unserer No Reservations-Tour, gibt der Zufall die beste Reiseroute vor – es erreicht uns die Nachricht von Karl-Josef und Sabine Fuchs, die ebenfalls in der Gegend sind und unserer Bilder auf Instagram gesehen haben – ob wir nicht zum Mittags-Vesper vorbeischauen wollten?

Und so endet unserer Zeit im Luberon am reich gedeckten Tisch, im fröhlichen Gespräch mit Freunden – ein Mittag, so unvergesslich schön und französisch leicht – nur zögerlich treten wir die Weiterfahrt an. Wir wollen doch nochmal ans Meer…

Und hier geht es weiter:

No Reservations – Tour de France Sud (1): Villefranche-sur-Saône – Seillans – Hyères

No Reservations – Tour de France (2): Cassis – Aigaliers – Uzès

No Reservations – Tour de France Sud (3): Arlés – Camargue

No Reservations – Tour de France Sud ‎(4): Cavaillon – Lacoste – Menérbes

No Reservations Tour de France Sud (5): Beaunes – Andernach

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