Kagoshima & Miyazaki – eine Reise zum Handwerk in der japanischen Küche (1)

Vergangene Woche durfte ich eine Gruppe von Köchinnen und Köchen aus Frankreich, Belgien und Deutschland nach Japan begleiten, wir besuchten die ländlich geprägten Präfekturen Kagoshima und Miyazaki im Süden Japans, trafen dort auf Hersteller, Handwerker und Produzenten. Auf Einladung der Jetro (Japan External Trade Organisation), einer staatlichen Organisation, vergleichbar mit hiesigen Industrie- und Handelskammern, durften wir in Küchen, Fabriken und Manufakturen schauen – eine lehrreiche Reise zu Ursprung und Basis der japanischen Kochkunst. Zeit für eine neue Reise-Serie auf NutriCulinary!

Wir sind angekommen, in Kirishima, einem Örtchen in der Präfektur Kagoshima, im Süden Japans. Regenschleier liegen über der Stadt, Nebel hängt in den dunklen Wäldern, der weichen Hügel die den Ort auf der Landseite rahmen. Palmen zeugen vom subtropischen Klima der Region, in den Gärten frieren jetzt allerdings Orangenbäume und regenschwere Hibiskus-Blüten. Morgen erst startet das Programm mit allen Teilnehmern, wir schnappen uns transparente Regenschirme und gehen los.

Tenkaippin – Ramen, Gyosa & Karaage

 

Auch in Japan weiß das Smartphone Rat und führt uns zu Tenkaippin, wir genießen duftende Ramen-Nudelsuppe, Hühnchenreis, saftige Gyosa-Teigtäschchen und Karaage, knusprig frittiertes Hähnchenschenkelfleisch – immer gut mit ein paar Klassikern zu starten, insbesondere die Karaage ist in Perfektion gelungen.

 

Sehr gelungene Karaage, beste Reise-Kompagnons: Vijay Sapre (Effilee Magazin) und Viktoria Fuchs (Romantik Hotel Spielweg)

Erst später lerne ich, dass Tenkaippin eine Ramen-Restaurant-Kette aus Kyoto ist, die es in Japan so ziemlich an jeder Ecke gibt – überraschend, das hätte ich nicht gedacht.

 KOHKI  – Izakaya

 

Nach kurzem, unruhigem Schlaf geht es auch schon wieder raus, es ist Nacht geworden, entlang einer Hauptstraße reihen sich bunt beleuchtete Restaurants, es ist kniffelig. Ein guter Gott lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das KOHKI, ein Izakaya, also die japanische Form der ungezwungenen Kneipe mit kleinen Köstlichkeiten – danach ist uns jetzt! Wir nehmen Platz auf Tatami-Matten, im zum Hauptraum offenen Gästebereich, da sitzen, rund um einen langen Tisch, eine fröhliche Truppe junger Leute, die Stimmung ist direkt beschwingt. Wir bestellen eiskaltes Bier und kalte Sake und einmal alles von der Karte. Die offene Küche erinnert eher an die Rumpel-Kammer einer Jugendherberge, aber wieder einmal zeigt sich, dass es extrem schwierig ist, in Japan schlecht zu essen, ganz im Gegenteil, das gereichet Sashimi ist von außerordentlicher Qualität, festfleischig, die Sojasauce rund, der Wasabi frisch gerieben, die Sushi ein Genuss.

 

Auf Kohle gerillte Teriyaki-Spieße reihen zarte Fleischstückchen, Schweinbauch, Hühnermägen und Hühnerherzen auf Holzspießen – großartig! Nur die direkt in der Kohle gegarten, Asche-schwarzen Stücke vom Huhn sind uns zu heftig, egal, nochmal Schweinebauch bitte – und mehr Sake!

Kohki  – 5 1 3 Hayatocho Mitsugi, Kirishima, Kagoshima 899-5117, Japan

Gen-koji Reserche Institute – wo der Koji wohnt

 

Dr. Yamamoto (Koji-Flüsterer), Besucher Réne Frank (CODA, Berlin)

Am folgenden Tag ist die Reisegruppe aus Frankreich, Belgien und Deutschland komplett, wir lernen unsere charmante Deutsch-Übersetzerin Yoshi Okamoto kennen, die uns in den kommenden Tagen einen reichen Schatz an Wissen ins Ohr flüsstern wird, in perfektem, akzentfreiem Deutsch. Ihr verdanken wir zudem, dass wir jederzeit auch nachhaken können. Zum Beispiel beim Doktor der Agrarwissenschaften Masahiro Yamamoto, ein freundlicher, schmaler Herr, dessen Augen  hinter einer randlosen Brille vor Begeisterung leuchten, wenn er vom Koji-Pilz erzählt. Dr. Yamamoto ist Leiter des Gen-koji Research Institutes, er lässt jene freundliche Pilzkultur wachsen, die wohl die Seele und das Herzstück der japanischen Küche ist: Aspergillus oryzae, ist ein Pilz der für die unterschiedlichsten Fermentations-Vorgänge verantwortlich ist, etwa in Miso und Sojasauce, in Reis-Essig und Shochu – to name but a view… fünf Koji-Hersteller gibt es in Japan, 80 % der Gesamzmenge an benötigtem Koji stammt aber von hier.

Und Herr Yamamoto weiß Erstaunliches zu berichten: nicht nur hilft Koji die Darmflora freundlich zu unterstützen, neuste wissenschaftliche Erkentniss empfehlen den Pilz auch zur Behandlung und Linderung von Heuschupfen. Darauf eine Tasse Miso! Doch es kommt noch besser: mit Koji gefütterte Tiere haben ein festeres Feisch, in dem Wasser besser gebunden ist. Ein Video zeigt Speck, der beim Braten enorm seine Form hält. Ein süß-säuerlich prickelnder Koji-Drink wird gereicht, Koji-Flammerie serviert und noch eine wissenschaftliche Erkentniss: Koji unterstütz die T-Zellen im Körper, gut für das Immunsystem und den Haarwuchs! Insbesondere viele der anwesenden Herren greifen ordentlich zu.

http://www.genkoji.com/english/

Kurozu Essig

 

Beeindruckt steht unsere Reisegruppe nach kurzer Busfahrt in den Essigfeldern der Region Fukuyama, hier reift der schwarze Essig Sakamoto Kurozu unter der Sonne des Südens, in regional hergestellten Satsuma-Keramik-Amphoren.

 

Das Herstellungsverfahren ist seit 1800 unverändert: gedämpfter Reis, Koji und Wasser sind die drei Zutaten, die da zwischen 1-5 Jahre fermentieren und reifen, von Zeit zu Zeit umsichtig aufgerührt und belauscht von der Essig-Meistern der Sakamoto Familie. Der Ma-Kurozo Essig ist dunkel und rund, einzigartig.

 

Alles in Essig: Rauchlachs, Quallen-Salat und Huhn in Sesam, Jakobsmuscheln “sauer-scharf” und Rindfleisch gekocht, mit Daikon, Spinat und Bambussprossen

Wir genießen die unterschiedlich lang gereiften Essige auch als verdünnte Trinkessige, und kühle Kurozu-Drinks, mit Apfel und Yuzu versetzt – herrlich erfrischend. Die Familie Sakamoto unterhält im Besucherzentrum auch ein Restaurant, in dem wir zur Mittagszeit ein subtil gesäuertes Essig-Menü genießen. Ich freue mich darauf, zuhause mit diesem Essigen zu arbeiten.

http://www.tsubobatake.jp/

Shochu Kinzangura

 

Am Nachmittag besuchen wir die Shochu-Distillery Satsuma Kinzangura, probieren vom ehrlichen Süßkartoffelschnaps, der mit Koji und Kobo-Hefen aus gedämpften Süßkartoffeln (Imo) destilliert und dann auf 25 % Alkoholgehalt rückverdünnt wird. wird. Mit einer rumpeligen Schienenbahn geht es hinein und hinunter in 350 Jahre alten Stollen, die eine stabile Temperatur zur Reifung und Lagerung des Honkaku Imo Shochu bieten. 120 Kilometer Stollenwerk, groß genug um ein 1000 Liter Shochu Fass hindurch zu rollen, erstrecken sich bis in 700 Meter Tiefe, 16 Stollen, über 4 Stockwerke. Hier wurde einst Gold abgebaut, bis die Altgoldgewinnung aus der Smartphone-Verschrottung lukrativer wurde. Shochu in bester Güte wird uns später auf unserer Reise noch zweimal begegnen, dann mehr zu diesem spannenden Thema.

 

http://www.hamadasyuzou.co.jp/en/kinzan

Satsuma-Denshokan – in der Porzellan-Schatzhalle

 

Am frühen Abend  erreichen wir das Ibusuki Hakusuikan Hotel, in der Onsen-Stadt  Ibusuki, berühmt für heiße Sandbäder – und eine beeindruckende Satsuma Porzellan-Sammlung, aus der Zeit der Shogun Herrschaft bis zur Meiji Periode (1868-1912), die sich in der Satsuma-Denshokan „Schatzhalle“ befindet. Der Hotel-Direktor Herr Shimotakehara selbst führt uns kundig durch die Sammlung, darunter eine Vase, die 1867 bei der Weltausstellung in Paris, das Satsuma Porzellan in Europa bekannt machte.

http://www.satsuma-denshokan.com/

Ibusuki Hakusuikan Hotel, Gensai Restaurant

Im Gensai Restaurant des Hotels erleben wir an diesem Abend ein ganz besonderes Menü. Den Auftakt bildet eine Box mit einer Creme aus Tofu und Innereien vom Katsuo Fisch (Bonito oder Skipjack Tuna), getoppt mit einem Streifen frittiertem Katsuboshi (dazu später in der Serie mehr). In Porzellan gebettet rohe Shrimps die mit gesalzenem Koji-Reis mariniert wurden, würzig und wie Marzipan. Gekochte Sardellen, auf Rettich mit Sancho-Pfeffer, der nur noch elegant und wenig bitzelt, weil in Sojsasauce gekocht! Süßkartoffel-Sushi und Yamswurzeln mit Kurozu Esig gesäuert, Klettenwurzel in Pflaumenessig gekocht und dicke Wachsbohnen mit „Fishflakes“ komplettieren die Vorspeisen-Box.

 

In rauchig-elegantem Dashi schwimmt eine zarte Tempura-Tofu-Frikadelle, gefüllt mit Erbsenpüree, gegrilltem und Soja-mariniertem Aal (Unagi), Shiitake und wildem Brokkoli, einem Zweig bitterem Udo, die zarten Triebe der Bergpflanze gelten als Frühlingsboten – großartig! Das Sashimi ist wieder von erster Güte, festfleischig und zart: Toro, Thunfischbauch, Brasse und Garnele, toll dazu die Shiso-Blüten und eine Sojasauce, die mit Gelatine aufgeschäumt wurde – Letzteres befremdet zunächst, die Sauce „hält“ aber gut am Fisch und würzt pointiert.

 

Eine Scheibe vom gedämpften Riesenrettich trägt ein Stück sanft gegarten Schweinebauch, getoppt mit japanischem Senf und hauchfein geschnittenem Ingwer – das Gericht ist mir ein inneres Oktoberfest. Geflämmter Pomfret (Butterfisch/Seebrasse) wird serviert und ein Nadelfisch, dessen Filet als Streifen um einen Kräutersaitling gelegte und dann gegrillt wurde, serviert mit den Blütentrieben von Ingwersprossen, die Frische bringen.

 

Zum Hauptgang gibt es Shabu Shabu, am Tisch zubereitet, eine Art Schmor-Fondue dessen Höhepunkt die nur angegarten Scheiben vom Wagyū Rind sind.

 

Gereicht werden auch Reis, gepickelte Sauergemüse und eine Suppe mit Tofu und Hühnerfleisch. Und zum Dessert deko pom Tangerine, eine duftende Erdbeere und Grünteekuchen mit Tsubu-an, roter Bohnenpaste (Anko). Und das war nur der erste von vier (!) weiteren, ebenso reich gefüllten Tagen, von denen hier zu lesen sein wird …

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