Abendstimmung im schönen Schwarzwald
Na da war aber was los gestern Abend bei Markus Lanz im ZDF! Getroffen hatten sich foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode, Koch Alexander Herrman und Jürgen Abraham, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. um mit dem Gastgeber über Mogelpackungen und „legalisierte Täuschung“ von Verbrauchern zu diskutieren.
Nach knapp vier Minuten mit den üblichen Argumenten (Verbrauchertäuschung überall/Verbraucher werden gar nicht getäuscht, müssen sich nur besser informiere) brachte Thilo Bode Schwung in die Diskussion, zog ein gefaltetes Päckchen Abraham Schwarzwälder Schinken aus der Sakko-Tasche. Herr Abraham ist nämlich auch Schinkenhersteller und freute sich: „Herr Bode Sie machen eine schweren Fehler im Moment!“.
Markus „das war so nicht abgesprochen“ Lanz staunte und Bode erzählte die Geschichte vom Schwarzwälder Schinken: Schweine aus Dänemark und Norddeutschland, werden im Oldenburger Land zerlegt und in Schiltach im Schwarzwald geräuchert, dort nehmen sie neben feinen Rauchnoten auch die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ an. Ganz legal und im Rahmen geltenden EU-Rechts, wie Herr Abraham („Es gibt keine Schweine im Schwarzwald“) nicht müde wurde zu betonen, gleiches gelte ja auch für San Daniele und Parmaschinken, die jeweiligen Produktionsstätten verhelfen zum Prädikat.
Herr Abraham nutzt die Gesetzeslage, Herr Bode möchte, dass der Verbraucher zumindest die Reise des Schweins auf der Packung nachvollziehen kann. Etikettenschwindel? Mogelei? Beim Schinkenbeispiel handelt es sich zumindest um ein qualitativ hochwertiges Produkt. Wie aber verhält es sich mit dem (vermeintlichen) Etiketten-Schwindel in anderen, in der Sendung genannten, Fällen?
Wenn z.B. auf dem Etikett eines Basilikumpestos mit feinstem Olivenöl und Pinienkernen geworben wird, im „Pesto“ selbst nur Spuren von Olivenöl und hauptsächlich „Pflanzenfett“ und Cashewnussmehl enthalten ist. Was, wenn im Kaffee nicht nur Kaffee sondern auch rund 10 % Zuckerzusatzstoffe enthalten sind. Etikettenschwindel? Hinten steht es ja drauf, im Kleingedruckten.
Gibt es also gar keinen Etikettenschwindel? Allerhöchstens moralisch eventuell bedenkliche Mogelei? Nicht mal das ? Handelt es sich vielmehr um einen Etikettenschwindel-Schwindel aufmerksamkeitsheischender Verbraucherschützer? Gibt es tatsächlich einfach nur faule Verbraucher die sich nicht anständig informieren, ohne Lesebrille in den Supermarkt gehen und dementsprechend selbst Schuld sind?
Links zum Thema:
Mitschnitt der Sendung auf markuslanz.zdf.de
Foodwatch und die Mogelliste
Diskurs Etiketten(schwindel). Dokumentation einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung