Küchenmusik: Abschied von Almut Klotz

lassie-singers-mitglied-almut-klotz-und-ihr-ehemann-reverend-dabelerAlmut Klotz und ihr Ehemann Christian Dabeler (Foto:Robin Hinsch/Staatsakt)

Das mit dem Älter werden ist ja ein Riesenmissverständnis. Weil wir uns nur allzugerne um uns selbst drehen und weil wir einer Generation angehören, die glaubt Alter wäre lediglich eine Frage der Einstellung, glauben wir auch, dass wir das ganz gut im Griff haben mit dem Älter werden. Aber leider, das klappt nur ebenso und mit viel Glück und immer öfter müssen wir uns schmerzhaft verabschieden, von den besten Menschen im „besten Alter“, die eben noch neben uns saßen. Am vergangenen Freitag ging Almut Klotz. Bekannt geworden als Sängerin der Lassie Singers, war Almut Klotz auch Labelbetreiberin, Autorin und Essayistin, Chorleiterin des Popchor Berlin und die eine Hälfte von klotz+dabeler. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Musiker und Autor Christian Dabeler, nahm sie noch ein neues Album auf: „Lass die Lady rein“ erscheint übermorgen (23.08.). Am 16. August verlor sie, mit nur 50 Jahren, den Kampf gegen den Krebs.

Almut Klotz habe ich Ende der Achtziger Jahre kenne gelernt, ich war Zivildienstleistender und habe mir mit Plakatekleben für Julian Aichers RiO (Rock in Oberschwaben) ein bisschen was dazu verdient. Irgendwann gastierten dann die Lassie Singers in unserer Gegend und ich hatte den Agenturchef beschwatzt, dass ich vor dem Konzert mit zum Essen darf, Künstlerbetreuung quasi. Ich habe die Lassie Singers geliebt damals, gerade auch den Hit „Pärchenlüge“ („Pärchen verpisst Euch, keiner vermisst Euch“), damit konnte ich mich gut identifizieren, ich war ja zu blöd Frauen anzuquatschen. Da saßen wir dann beim Griechen in der Nachbarstadt Weingarten und wussten alle nicht soviel miteinander anzufangen, aber Almut Klotz war da und ich war Fan. In diesem unglaublich fürchterlichen Nachtclub „Kennedys“ gaben die Lassie Singers (mit Christiane Rösinger und Funny van Dannen) dann ein großes Konzert und hauchten dieser Kleinstadt-Großraumdisko, für einen einzigen Abend, ein bisschen Würde ein.

So gute zwanzig Jahre später kam dann das erste Album von klotz+dabeler raus, „Menschen an sich“ war für mich ein Gänsehautmoment der bis heute andauert, eines der besten Alben der deutschen Populärmusik. Wiedergesehen haben wir uns aber schon 2005, die beiden hatten eine Roman veröffentlicht (Aus dem Leben des Manuel Zorn, Ventil Verlag 2005) und ich habe Almut Klotz und Christian Dabeler dann angeschrieben, kommt doch bitte zu unserer Lesereihe „Kaffee.Satz.Lesen“, 15 Minuten Lesezeit, es gibt 50 Euro. Die beiden haben ja gesagt. Und waren dann nochmal da, mit dem Erzählband (Tamara und Konsorten, Erzählungen, Ventil Verlag 2008), als musikalische Gäste mit dem ersten klotz+dabeler Album (2007, ZickZack/Indigo) und dann noch mal zum Weihnachtsspezial. Wir sind anschließend immer mit unseren Künstlern Essen gegangen und ich habe diese ganzen Abende versucht, nicht allzu sehr Fan zu sein. Und Almut hat so schön gelacht, so ein freundliches, herzliches, aufmerksames Lachen, dass sich aber nie gänzlich verschenkte.

Almut hat die perfekten Worte gefunden, in aller Kürze die größten Geschichten erzählt, und keinen Unterschied gemacht zwischen Songtexten und Literatur. Die musikalische und erzählerische Kraft von „Menschen an sich“ hat mich inspiriert und bis heute höre ich dieses Album immer auch, als würde ich es lesen. Und diese Stimme, ihre einzigartige Stimme, wird fehlen zwischen all den deutschen Popwundern die ständig herbeigeschrieben werden.

Im vergangenen Jahr waren die Liebste und ich nochmal auf einem klotz+dabeler Konzert und dass es eines der letzten Konzerte sein würde, zerreißt mich grade, es war auch das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben. klotz + dabeler spielten im Yoko Mono, anlässlich eines Runden Geburtstages der Hamburger Bar und der Sound war mies und man hörte kaum etwas in dem kleinen Schlauch, aber wir haben alle Texte mitgeschrien und später haben wir noch ein Bier mit Almut getrunken und sie wirkte müde und doch war da im Gespräch das wache Interesse an Menschen und Meinungen, dass sie so auszeichnete, ihre klaren, wohldurchdachten Standpunkte, ihre einnehmende Herzlichkeit, ihr nachsichtig-gütiger Blick auf die Welt und die Menschen.

Übermorgen (23.08.) erscheint das neue Album von klotz+dabeler, es heißt „Lass die Lady rein“ (Staatsakt Label). Ich weiß nicht, wie das Album klingen wird, zwei wunderschöne Lied finden sich bislang online und ein Interview zum Album. Ich weiß aber sowieso schon, dass ich das Album lieben, und immer aber auch mit Wehmut hören werde, weil es ein Abschied ist, für immer, ein Abschiedsgeschenk an uns. Danke dass Du da warst Almut, danke für die Musik!

Weiterführende Links:

Sauber ist verlogen„, das letzte Interview zum neuen Album, TAZ
Sie war so stark„, ein Nachruf von Jenni Zylka, TAZ
Almut Klotz„, ein Nachruf von Christoph Braun, SPEX
Almut Klotz„, ein Nachruf von Jonas Engelmann, DER FREITAG

„Lass die Lady rein“ im Staatsakt Shop
„Menschen an sich“ bei Amazon

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