Birds of luck & extra money – meine Begegnung mit Harry Belanfonte (1988)

Bundesarchiv Bild 183-1983-1025-052, Berlin, Konzert mit Harry Belfonte

Am vergangenen Freitag stellte Harry Belafonte seine eben erschienene Autobiographie „My Song“ in Hamburg vor, ich konnte leider nicht dabei sein. Ich traf Harry Belafonte allerdings schon mal Ende der achtziger Jahre, ich war Kochlehrling und Harry Belafonte mit seiner Band in unserem Hotel abgestiegen. Eine Erinnerung:

Es ist nicht schön, Morgens um Drei aufzustehen, um eine halbe Stunde später tonnenschwere Koffer in einen Tourbus zu schleppen, doch wir sind ein kleiner Familienbetrieb, da werden Kochlehrlinge schon mal zu Kofferträgern und an diesem Morgen sind es die Koffer von Harry Belafonte, nebst Gattin und Begleitband. Ich bin mit Herrn Belafonte aufgewachsen, die Ufer seines island in the sun reichten bis in die kleine Studentenwohnung meiner Eltern und ich musste immer sehr lachen wenn meine Mutter rhythmisch den Staubsauger schwang: „Ma-(vor)-tilda-(zurück)-Ma-(vor)-tilda-(zurück)“, bei der Zeile: she take me money and run Venezuela, rannte sie dann entfesselt auf und nieder und schon war die Bude gesaugt. Das beeindruckt Kinder, Harry Belafonte fand ich gut.

15 Jahre später stapfe ich also durch den Schnee in Richtung Hotel, pfeife Jump in the Line und bin gespannt auf Mr. Belafonte. Jump in the Line ist gerade mal wieder ein großer Hit, ebenso der Banana Boat Song, beide feiern ein Revival auf dem Soundtrack des „Beetle Juice“-Films von Tim Burton, der gerade in den Kinos läuft. Es ist 1988 und wir tanzen zu Harry Belafonte in der Disko. Im Hotel angekommen schnappe ich mir sofort den Zimmerschlüssel des Ehepaares Belafonte. Ich bin enttäuscht, unbewohnt wirkt das Zimmer, das Bett ist gemacht, die Koffer stehen, nach Größe sortiert, vor der Garderobe. Wesentlich lustiger muss die Nacht wohl für die, wesentlich jüngeren Musiker von Belafontes Begleitband verlaufen sein: die Luft in sämtlichen Zimmern riecht süßlich, überquellende Aschenbecher, leere Flaschen, Rock´n Roll. Die Seniorchefin des Hauses inspiziert mit mürrischer Mine die Bettlaken der Musiker, wird fündig und grantelt:“herrjeh, dia Schbermaflecka ganged immer so schlecht naus.“

Kein Wunder also, dass die gutgelaunten Musiker schon Morgens um Vier das Frühstückszimmer mit einem wunderschönen, mehrstimmigen Gesang erfüllen. Die Koffer noch in der Hand, stehen wir Lehrlinge in der Flügeltür zum Raum und lauschen, staunend. Harry Belafonte bemerkt uns, er steht auf, kommt lächelnd auf uns zu, eine große Papiertüte in der Hand und ich kann es kaum glauben, er sieht genau so aus, wie auf den Covern, der zwanzig Jahre alten Platten meiner Mutter. Jedem von uns gibt er die Hand, kräftig und weich zugleich, und jedem von uns stellt er sich vor: „Hi, I´m Harry Belafonte.“

Dann faltet er sorgfältig die braune Papiertüte auf und spricht dabei weiter: „Thanks for your wonderful job, I know ist hard to get outta bed that early“, er entnimmt der Tüte vier winzig-kleine, buntgefiederte Vögel, für jeden einen, „it´s a bird of luck, it´s caribbean handcraft, it will bring you luck!“
Verlegen starren wir auf unser Geschenk, ein Vogel von Herrn Belafonte, das ist doch schon mal was, ein wenig Trinkgeld wäre auch gut gewesen, aber was soll es: „thank you“. Belafonte lächelt, sehr breit, entblößt seine Zähne und greift in die Taschen seine eleganten Bundfaltenhose: „You know what? Do not only trust in birds of luck, here´s something to help you on your way to real luck.“, jedem von uns überreicht er augenzwinkernd eine gefalteten Fünfzigmarkschein, „thank you again!“. Er geht zurück zum Frühstückstisch und bestellt noch einen Kaffee.

TV-TIPP: NDR Kulturjournal: Julia Westlake trifft Harry Belafonte, am 02.04.2012 um 22.45 Uhr

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