Ein Katzensprung in Spielfilmlänge: Mit einem airBaltic–Direktflug erreicht man Vilnius, die Hauptstadt Litauens, in etwa 1 Stunde und 40 Minuten. Flüge starten von Hamburg, Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und München.
Vilnius - Besuch in der europäischen Trend-Destination
Die europäische Kulturhauptstadt von 2009 wurde in diesem Jahr von Lonely Planet zum besten Reiseziel in Europa und zum zweitbesten Weltweit gekürt. Kulinarisch Interessierte lockt die UNESCO-Welterbe-Stadt seit diesem Sommer mit 4 frisch gekürten Michelin Sterne Restaurants.
Townhall
Die osteuropäische Küche hier vereint baltische Traditionen, jüdische Kultur, polnische und russische Einflüsse sowie das Erbe der Tataren und Karaiten. In Vilnius pflegt man eine 700 Jahre alte, multikulturelle Küche.
Das ist spannend! Gemeinsam mit dem Tourismusbüro von Go Vilnius haben wir mit unserer Agentur Kaiserhappen eine Reise für Journalist*innen organisiert, um uns das mal näher anzusehen. Unsere Kollegin Denise Snieguolė Wachter, die mütterlicherseits litauische Wurzeln hat, hat kürzlich ein Kochbuch zur litauischen Küche veröffentlicht. Mit ihr hatten wir das Glück, Vilnius zu entdecken. Kommt doch einfach mit!
Lokys - traditionelle Küche
Unsere Reise in die litauische Küche beginnt im Lokys, das rustikale Restaurant ist das älteste familiengeführte Lokal der Stadt und findet sich in einem mittelalterlichen Kaufmannshaus aus dem 15. Jahrhundert.
Hier findet man traditionelle Küche und gute heimische Biere, dazu im Loky Deli eine große Auswahl an kulinarischen Schmankerln aus bäuerlichen Betrieben und handwerklicher Produktion.
Zum ersten Bier, und Gira, einem erfrischenden Brottrunk mit Kümmel, teilen wir eine Platte mit verschiedenen geräucherten und getrockneten Würsten (darunter eine Biber-Salami, ich hätte es nicht bemerkt), zartem Rauchfleisch und verschiedenen Käsesorten, darunter der legendäre Džiugas (dazu später mehr) und ein mild geräucherter Quark-Käse. Dazu gibt es dunkel-würziges Brot und Kepta Duona („gebratenes Brot“), in Knoblauch geröstete Brotstreifen.
Zum Bier passen auch Cepelinai, mit Fleisch oder Quark gefüllte Kartoffelklöße in Zeppelinform, die bestenfalls wolkenweich und fluffig sind – ein echtes Nationalgericht!
Restaurant Džiaugsmas
Auftakt zur Sternereise dann am Abend im jungen Restaurant Džiaugsmas (“Freude”), das schon optisch eindrucksvoll ist, ganz in minimalistischem Schwarz der Gastraum im Erdgeschoss.
Die Küche, ebenfalls von einer formalen Strenge und Akkuratesse geprägt, eint mit unaufgeregter Raffinesse litauische Produkte und Aromen, raffiniert und durchdacht und bisweilen berührend gut gemacht.
Das junge Team um den Autodidakten und Chefkoch Martynas Praškevičius begeisterte uns mit einem Tasting-Dinner in acht Kompositionen, darunter persönliche Highlights wie die Krustade mit Kalbsbries, Waldpilzmayonnaise, Hähnchenhaut-Chips und Calamansi oder dem knusprigen Wunderwerk aus Heilbutt Croquette mit Estragon Sauce, Kombu Alge und pointierter Chili.
Grandios der Unagi-Style Aal mit zart-würzigem Shiitake-Teigtäschchen und gerauchter Buttermilch. Weltoffen, dabei immer mit regionalen Elementen wie den eigelegten, grünen Johannisbeeren die zum Perlhuhn mit Pa Choi säuerliche Akzente setzten.
Samtige Steinpilzeiscreme mit Kaffee-Mousse und Créme Anglaise mit Eicheln zum Dessert, bäm! Für 99 Euro gibt es das Tasting Dinner, die maßgeschneiderte Natural Weinbegleitung (mit Frankreich-Schwerpunkt) dazu für 75 Euro. Deutlich hochambitioniert und seinen Michelin Stern wert!
Stadtrundgang - Fania Lewando, eine vegetarische Pionierin
Beim Stadtrundgang erfahren wir viel über die bewegte Geschichte der Stadt, die oft belagert und erobert wurde. Wir hören von den Gräueltaten deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg und dem Wüten der russischen Besatzer. Manchmal bleibt nur der Glaube: Sechs Religionsgemeinschaften sind im „Jerusalem des Nordens“ und „Rom des Ostens“ zuhause. Zwischen sieben Hügeln stehen über 50 Kirchen und die Kathedrale St. Stanislaus. Diese Kirchen prägen das dörfliche Bild der Altstadt von Vilnius, wo kaum ein Gebäude höher als vier Stockwerke ist.
Auf dem Weg zur Markthalle passieren wir zwei Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig, die an Lazar Lewando und seine Frau Fania Lewando erinnern – eine echte Pionierin! In den 1920er Jahren eröffnete die Köchin im damals polnischen Vilnius das vegetarisch-koschere Restaurant Elaine’s in dem Gebäude, vor dem die Stolpersteine an ihr Schicksal erinnern. Als Autorin des ersten jiddischen vegetarischen Kochbuchs in Europa musste sie 1941 vor den Deutschen aus dem mittlerweile sowjetischen Litauen fliehen. Das Paar wurde von sowjetischen Soldaten festgenommen und verschwand spurlos.
Ihr Kochbuch überdauerte die Zeit. 1937 in einer Auflage von 3000 Exemplaren erschienen, wurde es später im YIVO Institute for Jewish Research in New York wiederentdeckt und 2015 in einer englischen Erstauflage unter dem Titel „The Vilna Vegetarian Cookbook: Garden-Fresh Recipes Rediscovered and Adapted for Today’s Kitchen“ veröffentlicht. In einer Buchhandlung entdecken wir einige Tage später eine Neuauflage in litauischer Sprache.
Džiugas - Litauens Käsestolz
Auf dem Weg zur Markthalle passieren wir das „Cheese Džiugas House“. In Litauen gibt es drei Filialen, eine in Polen. Überall ehrt man den legendären litauischen Hartkäse Džiugas in verschiedenen Reifestufen und Anwendungen.
Der Käse stammt aus dem Kulturkreis der Samogiten (auch: Schamaiten), einer Volksgruppe aus dem landwirtschaftlich geprägten Niederlitauen, mit der inoffiziellen Hauptstadt Telšiai.
Schon Angela Merkel probierte hier im Laden in Vilnius den Käse, der nach Reifung (12-36 Monate und mehr) und Fettgehalt klassifiziert ist. Ein Sommermilchkäse, der irgendwo zwischen Gouda und Parmesan ein ganz eigenes Aroma in reiflicher Vielfalt entwickelt. Hier würzt er sogar Pralinen aus weißer Schokolade mit Nüssen.
Halės Turgus - die Markthalle von Vilnius
Die älteste Markthalle von Vilnius wurde 1906 auf dem Grund des alten Getreidemarktes aus dem 16. Jahrhundert erbaut. Sie biete moderne Streetfood-Angebote, Bäckereien, Metzgereien und Käsereien – besonders Eindrucksvoll sind die großen bunten Gemüsestände, die den Reichtum aus Feld und Wald präsentieren.
Heidewitzka, ist der gut! Ganze Knollen, deren Zehen von einer herrlichen Knackigkeit sind. Das Knoblaucharoma ist feinwürzig, mit Lorbeer und Wachholder. Bäm!
An jedem Stand ist man zudem stolz auf das selbst eingemachte und fermentierte Gemüse. Ein schlaraffisches Angebot an Gemüsesalaten und verschieden eingelegten knackigen Gurken, würzig-scharfen eingelegten Tomaten – und meiner persönlichen Neuentdeckung: eingelegter Knoblauch!
Heidewitzka, ist der gut! Ganze Knollen, deren Zehen von einer herrlichen Knackigkeit sind. Das Knoblaucharoma ist feinwürzig, mit Lorbeer und Wachholder. Bäm!
Keine Freunde mache ich mir am Stand mit den unterschiedlichsten Hart-, Roh- und Rauchwürsten. Ich bitte die Fachverkäuferin unserer Gruppe, eine kleine Wurst in zehn Rädchen aufzuschneiden – und bekomme zu Recht einen längeren Anpfiff auf Litauisch, den mir die litauisch sprechenden Begleiterinnen lieber nicht wörtlich übersetzen wollen.
Grob geht es wohl darum, warum ich nicht jedem in der Gruppe eine eigene Wurst kaufe! Mit viel Charme und überschwänglicher Lobes-Pantomime schmuggele ich mich kurze Zeit später aber doch noch ins Herz der Dame und werde mit einem Lächeln entlassen!
Restaurant Demoloftas - Lunch im Einsterner
Das Demoloftas ist ein junges Restaurant, das unter seinem Dach, einem ehemaligen Stadt-Loft mehrere Konzepte multifunktional-fließend miteinander verbindet.
Im zweiten Stock findet sich eine Kunstgalerie, im Parterre die kulinarische Spielwiese mit einem Brunch-Café, das mittags zum Lunch-Restaurant wird und Abends zum mit einem Michelin Stern ausgezeichneten Restaurant zwischen Autorenküche und Konzept-Dinner.
Fenchel-Wirsingsalat mit gebeizter Forelle, Gebratene Pilze mit Hähnchen-Terrine und Buchweizen, Bunte Karotten mit Cashew-Creme, gerösteten Haselmüssen und Forellenkaviar.
Küchenchef Tadas Eidukevičius ist geprägt von seiner Zeit in der spanischen Hochgastronomie und beschreibt die eigene Philosophie auf der Homepage so (Übersetzung):
„In den letzten Jahren habe ich meine kreative Richtung geläutert und versucht, Gastronomie und Kunst miteinander zu verbinden, denn ich glaube, dass ein gut gemachtes Stück Handwerk nicht nur deshalb zur Kunst wird, weil das Ergebnis schön aussieht. Es braucht Ideen, einen philosophischen Subtext. Deshalb versuchen wir bei den Demoloftas-Abendessen nicht nur den Hunger unserer Gäste zu stillen, sondern sie auch zu bilden und zu inspirieren.“
Wir erleben an diesem Mittag “nur“ die Lunchgerichte, sie zeugen vom Handwerk, ein Besuch des Instagram Account lässt die kulinarischen Möglichkeiten und den Stil ahnen, die man hier Abends erleben kann.
Desertų klubas - kleiner Bandelės-Backkurs bei Asta Petrušienė
Warum eine Gemüsekiste abonnieren, wenn man sich auch für eine Dessert Box des Desertų klubas anmelden kann – einmal im Monat überrascht die Konditorin Asta Petrušienė ihre Kunden mit einer süßen Box – 36 verschiedene süße Überraschungen sind es rund ums Jahr.
Der Club liegt etwas außerhalb der Stadt und ist doch eine vielfrequentierter Spielwiese für Süßmäuler und Hobby-Bäcker*innen, die bei der Kochbuchautorin in Gruppen-Kursen viel lernen können.
Wir lernen an diesem Tag das traditionelle Gebäck Bandelės in eigener Handarbeit kennen: ein einfacher Hefeteig, den wir an diesem Nachmittag einmal mit einer Füllung aus getrockneten, geweichten und gekochten Steinpilzen füllen (Bandelės su baravykai), und einmal mit einer süßen Füllung aus gequollenem und gemahlenem Mohn mit Waldhonig. Am Teig der begabte Kollege Cordes, die Faltarbeit gelingen im Team, ich brate die gefüllten Halbmonde in knisterndem Öl. Himmlisch! Danke Asta!
Restaurant Ninteen18
Seit 2020 beherbergen die 400 Jahre alten Mauern des Senatorių Pasažas nicht nur einen Foodcourt mit Nachhaltigkeitskonzept und das Farm–to–Table–Restaurant 14Horses.
Hier leuchtet auch einer der vier neuen Michelin-Sterne in Vilnius, über dem Nineteen18. In den weitläufigen, elegant modernisierten Räumen des alten Stadthauses serviert Chefkoch Andrius Kubilius unter Kronleuchtern die Aromen seiner Heimat und erzählt mit seiner Küche die Geschichte der Stadt und des Landes.
Der Gastraum mit der hell erleuchteten offenen Küche pulsiert an diesem Abend, das volle Leben! Hier feiert das junge Vilnius den Beginn einer vielversprechenden Nacht. Unsere Reisegruppe sitzt im etwas abgelegenen Private Dining-Room, wo wir uns ganz aufs Essen konzentrieren können.
Ein Vergnügen der Taco aus schwarzen Bohnen mit Kümmelmayonnaise, grünen Johannisbeeren, eingelegter Bete und Gurken, Aal und Wolfsbarsch. Ein Seelenessen die zarten Fleischdumplings in Hühner-Pilzbrühe mit Bärlauchöl.
An diesem Abend klappte nicht alles perfekt: das zarte Fleisch der Milchkuh an karamellisiertem Geflügel-Butter-Karamell mit Essig-Holunderkapern war leider nur lauwarm. Überraschend gestaltete sich der Auftritt eines regenbogenfarbenen Einhorns, das Roggenschnaps ausschenkt. Auch im Instagram-Account des Restaurants taucht das (Wappentier? Talisman?) immer wieder auf.
Generell pflegt man hier einen fröhlichen Umgang mit den Gästen und einen Humor, der von Ironie getragen ist („Kennen Sie Ihn? Sind sie sicher, dass sie unseren Chef treffen wollen?). Das Lindenblüten-Eis mit säuerlich schmeckenden Waldameisen und süßem Birkensirup machte dann auch, ohne Witz, kulinarisch deutlich Sinn.
Cocktail Bar Nick & Nora
Vilnius bietet eine lebendige Barkultur mit zahlreichen Bars. Auf dem Heimweg ins Hotel entdecken wir die gemütliche Cocktail-Bar Nick & Nora. Hier vereinen sich klassische Drinks mit regionalen Zutaten, wie beim Red Paloma mit litauischem Red Nine Likör. Die Bar setzt kreativ auf lokale Produkte wie Birkenwasser, Sanddornbeeren und litauische Quitten. ich liebe das, wenn auch ein Bar mir den Ort oder die Region näherbringt, das ist ja nicht nur Restaurants vorbehalten.
Die Bar der Mixologen Tomas Pletaras und Arnolda Zariankinas ist supergemütlich, überall hängen Bilder der Namenspatronen Nick und Nora, das berühmte Detektivpaar Nick und Nora aus dem amerikanischen Film “The Thin Man“ (1934), die sich gerne mal ein Gläschen Martini, einen Manhattan oder Highball gönnten. Ein Jahr zuvor endete in den USA die Prohibition.
Wir feiern auch die Musikauswahl, einen Mix tatsächlich hörenswerter Achtziger Jahre Songs – und da begibt man sich ja schnell auf dünnes Eis, bzw. jeder ist da auch gerne mal auf der eigenen Scholle unterwegs – hier gelingt es! Darauf noch einen Old Fashioned!
Frühstück im 12 Istorijų
Im Brunch-Restaurant treffen wir unsere Gastgeber von Go Vilnius zum Frühstück.
Egg Benedict können sie hier – große Klasse sind aber die süßen Quarkpuffer „Varškės Blyneliai“ mit Sauerrahm und Beeren – nicht zu süß, wunderbar saftig.
Besuch in Trakai - Kibinai Workshop und Lunch
Eine weite Seenlandschaft umgibt das Naherholungsgebiet rund um die kleine Stadt Trakai, bekannt für ihre Wasserburg. Trakai ist auch das kulturelle und religiöse Zentrum der Karaiten, einer turksprachigen ethnischen Gruppe mit Wurzeln im Nahen Osten. Im 14. Jahrhundert engagierte Großherzog Vytautas sie als Leibwächter. Bis heute sind sie mit ihrer Kultur fester Bestandteil der multikulturellen litauischen Gesellschaft. Besonders prägen sie die litauische Kulinarik: Die Nationalgerichte Balandėlia (Kohlrouladen) und Kibinai (gefüllte Teigtaschen) stammen aus der Küche der Karäer.
Im Restaurant Kybynlar am Seeufer mit Blick auf die Burg lernen wir, wie man Kibinai zubereitet. Die Füllung besteht aus grob gewürfeltem, rohem Lamm- und/oder Rindfleisch, geschmorten Zwiebeln und Kohl.
Den einfachen Hefeteig rollen wir rund aus, füllen ihn und verschließen ihn kunstvoll – links der Teigling meiner Kollegin Denise, rechts mein Gestümper. Im Ofen gebacken, verwischen die Teigtaschen gnädig die Spuren schlampiger Faltarbeiten und werden mit einem bunten Salat aus eingelegtem Gemüse serviert. Besonders gut schmeckt der Salatka Jarzynova pikanta aus Roter Bete, Kohl und Möhrenstreifen mit Knoblauch, dazu Kümmelbrot und ein Ingwer-Kurkuma-Schnaps.
Zum Hauptgang gibt es Hühnersuppe mit Kartoffeln, Möhren und Sauerrahm, unter einer knusprigen Strudelteigdecke. Das war köstlich und uns wurde ordentlich warm!
Alaus Biblioteka - die Bier-Bibliothek
Fernab jeder Craftbeer–Folklore zeigt sich die Bier–Bibliothek des Bier–Historikers Tomas Josas (Litauens Biersommelier 2023) als feiner Pub, der New England-Style mit nordischem Design verbindet.
Ein Wohlfühlort, der Litauens reiche Bierkultur mit 60 verschiedenen Stilen feiert. Zudem locken internationale Biere aus 15 Zapfhähnen sowie eine breite Auswahl gekühlter Flaschen- und Dosenbiere.
An diesem Abend fließt u.a. auch Spaten Bier aus Deutschland, doch wir genießen lieber das Alaus Biblioteka Farmhouse Ale Grisette, exklusiv für Tomas Josas‚ Hochzeit gebraut. Ein Hochgenuss! Ebenso erfrischend: das Cherry Negroni Sour von Siren Craft Brew. Ein cooler Ort!
Restaurant Pas Mus - allein die Vilnius-Reise wert
Pas mus, „Bei uns“ – genau so erlebten wir den Abend am Chefs Tabel-Tresen des jungen Sternerestaurants. Das Team um Chefin Vita Bartininkaitė in Hochform, auch was die zugewandt herzliche Gastfreundschaft betrifft.
Der neue Michelin Stern zeichnet hier eine wirklich eigene, individuelle Küche aus, regional gedacht, dabei weltoffen – für die alleine die Reise nach Vilnius lohnt. Ein Erlebnis schon der Auftakt mit fermentierten Früchten und eingelegten/eingemachte, teils angerösteten Gemüsen. Umami-tief das Tatar mit Dashi aus hausgemachtem Koji-Shio, dazu gereifte Butter und warmer Brioche.
Herausragend die Brotzeit mit Brotzeit mit Radieschen, knusprig warmem Kümmelbrot-Muffin, Sauerrahm mit Bärlauch-Öl. Unter den besten Tellern, die ich in diesem Jahr hatte, sicher einer der besten: knusprige Kartoffel-„Pizza“ mit rohen Jakobsmuscheln und Steinpilz-Tamari.
Ein Traum das Topinambur-Tartelette mit Baked Potatoe-Schaum, geräuchertem Käse und karamellisierten Pilzen. Oder das samtig weiße Tomatenblatt-Eis mit sibirischem (Zucht-)Kaviar (leider ohne Foto). Zart und auf den Punkt gegart die an der Karkasse gereifte Entenbrust mit Enten-Jus (mit gebrannter brauner Butter), Bärlauchknsopen und sauren eingelegten Stachelbeeren. Bäm.
Eine Freude dazu die individuell (!) gestaltbare Menü-Weinbegeleitung von Sommelière Monika Apčinikovaitė – ein trefflicher Genuss, ausgesuchte Weine, wunderbar erklärt und nahegebracht. 90 Euro kostete derzeit das Menü. für 55 Euro gibt es bereits eine Weinbegleitung dazu.
Zum Dessert gab es geschabtes Kirscheis mit fermentierten Rosenblättern und ein Ebererschen-Mousse mit eingelegten getrockneten Äpfeln und Plaumen in Rum. So gut.
Für mich das Highlight unserer Sterne-Reise durch Vilinius. „Informal Contemporary Dining“, nennen sie es selbst: eine moderne litauische Küche, die ihre Wurzeln kennt und doch lustvoll neue Geschichten erzählt.
Die freie Republik Užupis in Vilnius
Am letzten Morgen unserer Reise besuche ich die freie und unabhängige Republik Užupis (Užupis = jenseits des Flusses), einen 0,6 km² großer, alternativer Freistaat in der Stadt, ähnlich wie Christiania in Kopenhagen – jedoch wesentlich aufgeräumter. Hinter der „Grenze“ zeigt sich eine gepflegte Autonomie, die sich von der nahen Altstadt nur durch eine nochmals zunehmende Dichte von kleinen Cafés, Restaurants, Kunstgalerien und Werkstätten unterscheidet. Hier liegen die Freiräume.
Ein Unterschied liegt auch in der Verfassung der 1997 gegründeten Künstlerkolonie im einst jüdischen Viertel. Diese ist in vielen Sprachen der Welt an einer langen Mauer auf silberglänzenden Tafeln angeschlagen. Viele Paragrafen regen humorvoll zum Philosophieren an, z.B.:
Manchmal hat jeder Mensch das Recht, seine Pflichten nicht zu kennen.
Jeder Mensch hat das Recht auf Zweifel, aber das ist keine Pflicht.
Jeder Mensch hat das Recht, nicht geliebt zu werden, aber nicht notwendigerweise.
Jeder Mensch hat das Recht, gewöhnlich und unbekannt zu sein.
Jeder hat das Recht, individuell zu sein.
Yugen Tea - die japanische Botschaft in der Republik Užupis
Hier findet sich, etwas versteckt in einem hübschen Hofgang das japanische Café Yugen Tea. Ein wunderbar warmer Ort, viel helles Holzdesign, alter Jazz wird gespielt, alles sehr geschmackvoll.
Hier kommt man schnell zur Ruhe, wählt aus der Karte der Matcha Grüntee-Spezialitäten, die hier mit japanischer Sorgfalt und Akribie zubereitet werden. In einer Vitrine finden sich dazu die unterschiedlichsten Miniatur-Süßigkeiten. Ich träume jetzt noch von der Erdbeermousse, die hier ob ihrer Cremigkeit auch zum Matcha empfohlen wird. Sofort ein persönlicher Lieblingsort in der Stadt für mich.
Balebost - Kosher Style Food
Überall in der Stadt findet und spürt man die Einflüsse jüdischen Lebens, die Geschichte des einstigen „Jerusalem des Nordens“ wird lebendig. Die kulinarischen Facetten dieser Geschichte erleben wir im Balebost, direkt neben der Markthalle Halės Turgus.
Das Kosher Style Food-Menü bietet viele Klassiker der jüdischen Küche: Pastrami-Bagel und kleine Vorspeisen wie Baba Ganoush (Auberginencreme), Hatzilim (geschmorte Tomaten und Auberginen), Hühnchenlebercreme mit Ei und Rindfleisch in Gelee mit Rote-Bete-Meerrettich.
Als Hauptgang gibt es ein Hühnerfrikassee „Frikase“ mit Herz und Leber, serviert mit Reis und herzhaft tomatig geschmorten Kohlrouladen aus dem Ofen. Die Bagels sind grandios, und es gibt auch hausgebackene „Teiglach“: in Honigsirup gekochte Hefeknoten. Ein wunderbarer Abschluss unserer Reise!
Zum Wochenend-Weihnachtsbummel nach Vilnius?
In der Altstadt von Vilnius finden sich kaum Handelsketten, sondern ein bunter, individueller Eigentümer-geprägter Einzelhandel. Liebevoll geschmückte Geschäfte, mit einem großen Angebot an handwerklichen Produkten. Mehr Bauernläden als Supermärkte.
Im Moment macht Vilnius sich zudem hübsch für die Weihnachtszeit! Wenn Ihr Lust auf eine Reise oder einen Wochenendtrip ins kulinarische Vilnius habt, könnt ihr hier starten:
Seite des Tourismus Office von Go Vilnius
airBaltic Flüge von Deutschland buchen
Danke!
Danke allen, die mit uns gereist sind: für Eure Interesse und Eure Begeisterung, die guten Gespräche, die gute Laune, das war echt bereichernd!
Das waren gelungene, spannende Tage voller Entdeckungen, organisiert von unserer Agentur Kaiserhappen und gemeinsam mit Go Vilnius, unterstützt von airBaltic!