Ein kulinarisches Wochenende in Valencia (2): „Sushi ist nicht so mein Ding“ – wie der Japaner Toshi die Regionalküche Valencias neu erfindet

Besuch beim gebürtigen Japaner Chef Toshi, der in Valencia die mediterrane Küche der Region neu erfindet - eine echte Entdeckung!

Am Tag nach dem Dinner im RIFF, treffen wir zum Lunch einen Meisterschüler von Bernd Knöller: Chef Toshi arbeitete 4 Jahre im Riff, bevor er vor zwei Jahren sein eigenes Restaurant eröffnete.

Das Toshi erinnert beim Eintreten an ein japanisches Restaurant, nur ein Tresen trennt die Gäste vom Geschehen in der Küche, 12 Plätze gibt es und die sind schon Mittags voll besetzt – Reservierung dringlichst empfohlen. Während wir noch darüber nachdenken, wie eine Fusion der japanischen mit der valencianischen Küche wohl aussehen könnte, erklärt der gebürtige Japaner Toshi uns: „Sushi ist nicht so mein Ding!“ Er lacht dabei nicht, wie er überhaupt mit großem Ernst und Konzentration in der Küche arbeitet, ruhige Bewegungen, die Verständigung mit den beiden anderen Köchen funktioniert ohne große Worte.

Das Lunchmenü beginnt mit samtigen Kürbisstücken, kombiniert mit frischer Blutorange, Venusmuscheln und Sauerklee, ein grüner Muschelsud bringt alles pointiert zusammen. Wir ahnen was.

Der folgende Teller holt einen Klassiker der valencianischen Küche in die Neuzeit, die Titaina ist im Original ein Sofrito aus Tomaten mit Pfeffer und Knoblauch und eingesalzenem Thunfischbauch, ein Erbe des Fischerviertels Cabañal-Cañamelar, hier findet sich auch Valencias Palmen gesäumte Strände!

Bei Toshi wird die Titaina zum aromatischen Zauberwerk an Frische und Aromen: luftgetrocknete und konfierte Tomaten, Stücke vom geröstetem Paprika und fleischige scheiben vom fetten Tunfischbauch erfahren Schärfe und Erdung durch eine samtige Pinienkerncreme und süß-scharfer Senfsauce. Bäm!

Chef Toshis Herz gehört der mediterranen Küche, seit er vor ein paar Jahren in die Stadt kam, und zumindest der 36-jähirg selbst, findet, dass es doch ganz einfach ist: „regionale Produkte von guter Qualität, mit Respekt gekocht, Gerichte voller Geschmack und ohne Kunstfertigkeit.“ so beschreibt er selbst seine Küchenphilosophie und zumindest über die Kunstfertigkeit wäre nochmal zu reden, denn da kommt: ein Kunstwerk!

Kleine Artischocken, gefüllt mit butterzart geschmortem Schweineohr-Ragout auf Fava-Bohnen mit Linsen und Schwarte in einer Schneckenbrühe die auf Basis eines kräftigen Fonds aus Hühnerflügeln und luftgetrocknetem Schinken (Umami!) gekocht wurde. Ein Teller für die Ewigkeit. Wir genießen mit Andacht.

Der nächste Gang führt in die Reisfelder Valencias (die mit dem Linienbus in nicht mal einer halben Stunde zu erreichen sind!)

Ein süffig-würziger Reiseintopf, erst mal recht rustikal mit Kohl und weißen Rübchen, dann kommt Trüffel drüber, der an dieser Stelle mal wirklich Sinn macht. Die Eleganz der Erdigkeit, lese ich in meinen Notizen, es muss am guten Mittagswein liegen.

Dem Reis folgt der Aal und wir bleiben thematisch wie geschmacklich in den Reisfeldern der Naturlandschaft Albufera.

Ein Gericht zum Wegschlotzen: ein Stück vom fetten Aal, 45 Minuten gedämpft, dann auf der haut gebraten, gebettet auf einem zarten Püree aus weißen Bohnen mit Wirsing, dazu eine Jus mit schwarzem Knoblauch. Ist das gut.

Zum Abschluss des denkwürdigen Mittagsmenüs, gibt es ein luftiges, blumig duftendes Dessert aus Mandelcreme mit Mandarinengelee, unter einem Honigschaum vom Abella Negra Mandelblütenhonig.

Toshi ist eine Entdeckung und eine unbedingte Empfehlung. Es ist schon genial, wie der gebürtige Japaner das kulinarische Erbe Valencias so respektvoll wie ideenreich, pointiert ins Heute übersetzt.

Hier bei Toshi in Valencia habe ich eine Ahnung davon bekommen, wie die ewig schon gesuchte und geforderte Übersetzung und Neuerung der Regionalküche auch daheim in Deutschland aussehen könnte. Es ist diese herrliche Süffigkeit im Minimalismus (vielleicht ist ja das, dass Japanische an der Küche im Toshi), die hier begeistert und jede Reise wert ist.

Offenlegung:

Ich danke dem Tourismboard Visit Valencia (VLC) für die Produktionshilfe und Organisation der Reise zum Valencia Culinary Festival 2020.

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