No Reservations – Tour de France Sud (5): ‎Beaune (Burgund) plus: ein Abend in Sarah Henkes YOSO in Andernach

Der Herbst ist da! Auf der Heimfahrt besuchen wir Beaune im Burgund und lassen den Urlaub mit einem Abend bei Sarah Henke im Yoso in Andernach ausklingen

Beaune, kulinarisches Burgund

Auf dem Weg zurück zur Küste holt uns der Wetterbericht ein, es soll regen an unseren letzten Tagen am Meer und wir beschließen früher heim zu fahren, auch das ist die Freiheit der no reservations-Tour.

Ein Highlight der Rückreise soll der Besuch von Sarah Henkes YOSO in Andernach werden. Der Tisch im Sternerestaurant war die einzige Reservierung der no reservations-Tour. Ich schicke eine Mail nach Andernach, ob wir wohl drei Tage früher kommen könnten –  und Sarah Henke ist dankenswerter Weise flexibel. Wir fahren in zwei Etappen von jeweils guten fünf Stunden nachhause, der erste Stop führt ins Burgund, nach Beaune. Die Stadt wurde uns vielfach wärmstens empfohlen und als wir ankommen, verstehen wir.

Beaune ist an jeder Ecke eine Schönheit, vor allem aber schlägt hier das kulinarische Herz des Burgunds laut, in unzähligen Läden, Bistros, Bäckereien und Delikatessgeschäften. An jeder Ecke buhlen Weinhändler um Kundschaft und ich weiß viel zu wenig über die großen Weine der Region, als dass ich hier ein gutes Angebot erkennen könnte. Unser einfaches Hotel Le Central (oben link)macht seinem Namen alle Ehre, wir sind mitten drin, genießen den Stadtbummel.

Wir entdecken die Pâtisserie Fabien Berteau – großartiges kunstvolles Kleingebäck vom Gault & Millau-Pâtissier 2015. In der Fromagerie von Alain Hess (nicht im Bild) denke ich konzentriert über die Anschaffung eines Reise-Kühlschrankes nach. In der Boutique La Belle Iloise geschieht ein charmantes Wunder: über Sprachbarrieren hinweg (mein Französisch reicht dann doch nicht für ein Fachgespräch über Dosen-Sardinen), erahnt Madame mein Begehren, eilt ins Lager und bringt drei Dosen Jahrgangssardinen von 2016 – die sollten erst zum Wochenende in den (angekündigten!) Verkauf, ich erhalte, unter dem Deckmäntelchen der Diskretion, ein kleines Vorkaufsrecht!

Abendessen in der Brasserie Les Chevaliers

Wieder mal macht uns die relaxte “Planung” während der no reservations-Tour bei der Wahl des Restaurants leichte Probleme. Alle Restaurants sehen nett aus und alle listen die Klassiker der Saison. Heute ist zudem noch Montag und kaum ein Restaurant hat geöffnet. Wir vertrauen auf Glück und Instinkt und nehmen Platz vor der Brasserie Les Chevaliers.

Das Abendessen ist so einfach wie herzerwärmend, ich bestelle die Klassiker Jambon Persillé, Bœuf Bourguignon und zum Nachtisch gibts Blaubeer-Tarte. Formidable! Die Weinkarte überfordert, die Preise sind von burgundischer Wucht und ich bin der einzige am Zweiertisch, der Rotwein trinkt. Dem Wirt sei gedankt für die Weinkartenseite mit “kleinen Flaschen”! Ich genieße ganz bewusst und über den Abend hinweg, mein Fläschchen 2016er Cassagne-Montrachet von der Domaine Michel Bouzereau et Fils – ein wunderbarer Abend und das Ende unseres französischen Sommers! Merci bien a tout!

Ein Abend bei Sarah Henke im YOSO, Andernach

And now for something completely different. Ich wollte immer schon mal im YOSO essen, kannte Sarah Henke und ihre Küche bislang nur von einer eindrücklichen Veranstaltung zum Thema asiatisches Essen und Deutscher Wein sowie aus der Ferne und durch ihr wunderbares Kochbuch “Korea” (Christian Verlag), dass im vergangen Jahr erschien. Wir fahren über Andernach heim und checken im schönen Hotel am Ochenstor ein, freundliches Design, herzlicher Empfang, durchdachte Zimmer, tolle Betten!

Andernach hat im Verhältnis zur Einwohnerzahl überproportional viele Michelin-Sterne Restaurants, eines befindet sich hier im Hotel, das italienische Restaurant Ai Pero ist mit einem Stern ausgezeichnet. Küchenchef Nicholas Hahn wirkte zuvor im FirstFloor in Berlin, im Sao Gabriel an der Algarve, im renommierten Bareiss in Baiersbronn und in Vincent Klinks Wielandshöhe in Stuttgart. Das ist mal eine Visitenkarte.

Wir freuen uns aber jetzt auf Sarah Henkes asiatische Aromenküche, die findet sich zwei Häuser weiter. Zunächst gibt es aber in der gegenüberliegenden Rufus Lounge Bar einen Willkommens-Drink, eine Aufmerksamkeit des Hotels. Der Gin-basierte Raspberry Thyme Smash mit hausgemachtem Thymian-Sirup frischem Himbeerpüree und Lime Cordial ist klasse!

Betritt man das YOSOist man sofort raus aus der Welt und angekommen an einem Ort der entspannten Konzentration. Warmes Holz und warmes Licht, samtbezogene Sitzecken, leise perlt Musik, asiatische Elemente setzt unaufdringlich Akzente. Hiramasa Kingfish Ceviche mit Ponzu, Wasabi, Limette, Bete und Kürbis, wird als frisches Amuse Geule serviert.

Wir bitten darum, uns einfach zu überraschen. Der Reigen beginnt mit Kaisergranat, perfekt glasig gegart, kombiniert mit frischer kühler Wassermelone. Da ist pointierte Schärfe, da ist knackige Frische – es ist, wie ich mir Sarah Henkes Küche vorgestellt habe, und es ist noch besser.

Das YOSO – Sushi mit Beef Tatar ist von samtiger Zartheit, dabei würzig durch Miso-Senf und (ich glaube) knackig marinierten Rettich – ich mache mir heute keine Notizen, selbst das stillem, schnelle fotografieren der Teller stört mich heute seltsamer Weise. Der rohe Thunfisch auf Aubergine, in einer kunstvoll reduzierten, milden “Nasu Dengaku”-Variante begeister mich, das ist absolute Weltklasse. Scharf gebratene Makrele “Bulgogi-Style” ist ein Gericht aus der Korea-Karte des Restaurants, inspiriert von Sarah Henkes Reise zu ihren Wurzeln. Es ist alles da, was das Original auszeichnet, die Süße, der Rauch, die feuerschärfe – und dennoch ist da hier von einer Feinheit und Exzellenz, die etwas Neues enstehen lässt.

Natürlich gerät auch der sous vide gegarte und dann knusprig geröstete Schweinebauch mit Apfel und Rettich-Chinakohl-Kimchi zur Benchmark für jede künftige Schweinebauch-Rösterei. Das Kimchi ist pointiert scharf, der Apfel von frischer Süße und knackier Saftigkeit.

Geschmorte Kalbsbächen werden mit Linsen und geschmelzten Pflaumen, kombiniert, die Bäckchen in einer dichten dunklen Sauce (mit Ingwer und Zitronengras), die das modische Gericht, in dieser Güte und Kombination, zum Erlebnis machen. Ich muss mich zwingen, nicht zu schlingen.

Schokolade und Yuzu nennt sich das Dessert, das wie eine klassische Pâtisserié – Werkschau angerichtet ist. Die Raffinesse liegt im kreativen Aromenspiel zwischen warm-würziger Schokolade in Variation, kombiniert mit Zitrus, Yuzu, Ingwer, mit frischer Nashi-Birne, mit pointierter Minze.

Immer wieder geht Sarah Henke an diesem Abend auch von Tisch zu Tisch, serviert auch selbst, ist spürbar auch Gastgeberin. Was anderswo oft wie eine Zwangsveranstaltung wirkt, gerät hier ganz natürlich, nebenbei.

Wir verabreden uns für den nächsten Morgen für einen kleinen Rundgang, denn es gäbe da noch das ein oder andere zu sehen…

Andernach - essbare Stadt und Fine Dining Destination

Das große Bild zeigt einen Teil des Gastraumes des PURS – Andernachs Zweisterne-Restaurant mit Küchenchef Christian Eckhardt, einem Schüler von Claus-Peter Lumpp. Eckhardt wirkte auch im  Drei-Sterne-Restaurant Aqua im Ritz-Carlton unter Sven Elverfeld, sowie auf Schloss Schauenstein und in der Villa Rothschild, wo er als Küchenchef erstmals zwei Michelin-Sterne erkochte. Das gelang 2019 auch im PURS.

Zum Restaurant gehört auch das gleichnahmige Hotel PURS. Christian Eckardt, der mit Sarah Henke verheiratet ist, führt uns durchs Haus, beginnend mit dem Restaurant, über das Entrée und die Rezeption, bis hinauf in die exklusiven Zimmer und die Suit des Hotels. In den historischen Mauern der alten Kanzlei in Andernach von 1677, trifft die alte Substanz auf sorgfältig inszeniertes minimalistisches Design und beeindruckende Kunstwerke der Moderne. Federführend ist der niederländische Designer und Antiquar Axel Vervoordt – wir wandeln durch die Räume und sind begeistert.

Meine eher Noitz-haft gedachte Smartphone-Fotografiererei, kommt hier an ihre Grenzen – besuchen Sie die Seite des Hotels um einen besseren Eindruck zu bekommen.

Auch die Bar des Hotels ist ein Schmuckstück und alleine einen Besuch wert. Sie ist das Reich von Chef de Bar Guillermo Delgado Barrantes – jenem Mann der uns am Vorabend in der Rufus Bar den bemerkenswerten Welcome-Drink servierte.

Es hängt auch sonst viel zusammen in Andernach, hinter den drei Sterne Restaurants der Stadt (YOSO, PURS, Ai Pero (mit Weinbar, Trattoria und Ristorante) und den Hotels PURS und Ochsentor steht das Unternehmen RD Gastro/Gronda, die Andernach zum kulinarischen Hot Spot machen wollen. Das ist jetzt schon gelungen und als wir am Vormmitag die Reise nach Hamburg antreten ist klar: wir werden wiederkommen und mehr Zeit mitbringen.

Und hier geht es weiter:

No Reservations – Tour de France Sud (1): Villefranche-sur-Saône – Seillans – Hyères

No Reservations – Tour de France (2): Cassis – Aigaliers – Uzès

No Reservations – Tour de France Sud (3): Arlés – Camargue

No Reservations – Tour de France Sud ‎(4): Cavaillon – Lacoste – Menérbes

No Reservations Tour de France Sud (5): Beaunes – Andernach

 

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