Die schlechte Nachricht vorweg: der deutsche Reggae-Pionier Gentleman hat sich mit seinem neuen Album weitestgehend vom Reggae verabschiedet. „Diversity“ klingt eher nach Mark Medlock als nach Bob Marley, inklusive leiernder Voicecoder-Orgien und schmachtender Flamenco-Gitarrren. Nach Schaffenskrise und Label-Wechsel wolle man nun mit dem neuen Album auch den amerikanischen Markt erobern, erklärte Gentleman neulich im Interview. Ich bin überzeugt: das klappt hervorragend und wünsche alles Gute!
Die gute Nachricht für Daheimgebliebene: Germaican lebt und andere Kinder machen auch schönen Reggae. Frank Délle zum Beispiel, der Seeed-Frontmann „Eased“ begeisterte im vergangenen Jahr schon mit seinen vielschichtigen Solo Reggae-Album „Before I grow old“. Streckenweise im klassisch instrumentierten Seeed Sound abgemischt, trägt auch seine geschmeidig-markante Stimme zum Wiederkennungseffekt bei, erinnert öfter an seine Heimkapelle. Dennoch gelingt es Dellé mit seinem Solowerk den Reggae aus Seeed zu extrahieren, das Beste aus zwei musikalischen Welten also, ein sonniges, gutgelauntes Album, sehr entspannt, mit ordentlich frischem Wumms, dicken Beats, knochentrockenem Bass und warmem Rootsreggae.
Warum ich hier ein Album vom letzten Sommer noch mal vorstelle? Weil gerade die Délle-Tour 2010 bis auf die Festivalauftritte komplett abgesagt wurde (aus „produktionstechnischen Gründen“) und als audibles Trostpflaster schenkt uns Délle den kompletten, gemasterten Mitschnitt des 2009er Hamburg-Konzerts, fast zwei Stunden lang, als freier Download auf der Deutschen Seite des Künstlers zu finde:
Nach dem Download bitte Grill anfeuern, dann ab in die Küche, Sound lauter drehen, für die Zubereitung eines Klassikers der Reggae-Festival-Küche:
Chicken Yassa!
Chicken Yassa, oben im Bild in der geliebten Summerjam Festival Darreichungsform, ist eines der bekanntesten Gerichte aus der senegambischen Küche, der Landesküche der westafrikanischen Staaten Gambia und Senegal. Hähnchenteil werden über Holzkohle gegrillt und dann mit reichlich Zwiebeln in Brühe mit Zitronensaft und Knoblauch weich geschmort, mit scharfem Dijonsenf und Chili abgeschmeckt. Dazu passt gesalzenes Couscous oder Reis.
Ein gutes Rezept habe ich hier bei congocookbook.com gefunden, einer umfangreichen Sammlung afrikanischer Rezepte, ich lasse allerdings die im Rezept angegebenen Maggiwürfel weg und verzichte auf ein Fleischthermometer zur Feststellung des Gargrades, nach 25 Minuten ist das Huhn sicher durch, gerade wenn es vorab angegrillt wurde. Natürlich kann man die Hähnchenteile auch einfach vorab anbraten, der Umweg über den Grill lohnt aber unbedingt, nur so bekommt das Gericht sein typisches leicht rauchiges Aroma.
Gentleman, Délle und Chicken Yassa kann man live genießen, vom 2.-4. Juli 2010 beim Summerjam Festival in Köln, am Fühlinger See. (Und natürlich bauen mein Bruder und ich auch wieder unsere Zeltküche auf!)
Let the spirit rise!